Rz. 401

Die Selbstanzeige gem. § 371 AO ist ein persönlicher Strafaufhebungsgrund, sodass im Fall einer wirksamen Selbstanzeige die Möglichkeit der Bestrafung der Tat als Steuerhinterziehung entfällt (Rz. 24ff.). Ein anderer Weg zur Straffreiheit ist der im allgemeinen Strafrecht geregelte strafbefreiende Rücktritt vom Versuch gem. § 24 StGB. § 371 AO findet sowohl für die vollendete als auch für die strafbare versuchte Steuerhinterziehung Anwendung, § 24 StGB gewährt hingegen nur demjenigen Straffreiheit, der entweder die weitere Ausführung der Tat freiwillig aufgibt[1] oder die Vollendung der Tat durch eigene Tätigkeit verhindert hat.[2] Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er gem. § 24 Abs. 1 S. 2 StGB straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern (sog. versuchter Rücktritt). Folglich ist das Verhältnis dieser beiden Normen zueinander zu klären (Rz. 403ff.).

 

Rz. 402

Nach der hier vertretenden h. M. sind § 371 AO und § 24 StGB nebeneinander anwendbar[3], sodass der Rücktritt vom Versuch gem. § 24 StGB es gerade im Hinblick auf die seit 2011 geltende verschärfte Fassung des § 371 AO ermöglicht, bezüglich versuchter Steuerhinterziehungen Straffreiheit zu erlangen, wenn § 371 AO nicht eingreift bzw. eine Selbstanzeige unwirksam wäre. Dies kann sich insb. ergeben aus dem Vollständigkeitserfordernis des § 371 Abs. 1 AO, den verschärften Ausschlussgründe des § 371 Abs. 2 AO und der umfassenden Nachzahlungsverpflichtung des § 371 Abs. 3 AO.

Darüber hinaus ist nach einem vorherigen strafbefreienden Rücktritt eine berichtigende Erklärung nach § 153 AO ebenso möglich wie eine Selbstanzeige. Es besteht somit durchaus die Möglichkeit, zunächst vom Versuch der Steuerhinterziehung strafbefreiend zurückzutreten und in der Folge eine wirksame Selbstanzeige abzugeben, selbst wenn die versuchte Steuerhinterziehung ohne den strafbefreienden Rücktritt Teil des Berichtigungsverbundes gewesen wäre.

[1] § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StGB; unbeendeter Versuch.
[2] § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB; beendeter Versuch.
[3] Vgl. z. B. FinMin NRW v. 12.1.2016, S 0702-8f- V A 1, Nr. 3.

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