Rz. 443
Der Anzeigepflichtige ist verpflichtet, unverzüglich die Unrichtigkeit der Erklärung anzuzeigen und in der Folge eine Richtigstellung vorzunehmen. Damit die Anzeige "unverzüglich" i. S. d. § 153 Abs. 1 AO erfolgt, muss sie nicht sofort, aber ohne schuldhaftes Zögern abgegeben werden. Folglich steht dem Stpfl. eine nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessende Prüfungs- und Überlegungsfrist zu. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem der Anzeigepflichtige positiv erkannt hat, dass keine oder eine unvollständige oder unrichtige Erklärung abgegeben wurde.
Die Richtigstellung, d. h. die inhaltliche Korrektur, muss jedoch nicht mit der Anzeige gemeinsam erfolgen und sie ist nach dem Wortlaut des § 153 Abs. 1 AO nicht fristgebunden, muss also nicht unverzüglich erfolgen.
Rz. 444
Wird die Anzeige schuldhaft nicht unverzüglich erstattet, so treten die Rechtswirkungen des § 371 Abs. 4 AO nicht ein. Wird gegen die steuerliche Anzeige- und Berichtigungspflicht vorsätzlich verstoßen, indem trotz bestehender Verpflichtung keine Anzeige abgegeben wird und kommt es dadurch zu einer Steuerverkürzung in Form der Nicht-Festsetzung der zutreffenden Steuer, so ist dies gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO als Steuerhinterziehung durch Unterlassen strafbar. Liegt hingegen Leichtfertigkeit vor, so ist § 378 AO einschlägig. Mithin hat bei schuldhaftem Zögern des Anzeigeerstatters die in der Folge abgegebene Anzeige den Charakter einer Selbstanzeige i. S. v. § 371 Abs. 1 AO bzw. § 378 Abs. 3 AO.
Rz. 445
Die Anzeige muss nach dem Wortlaut des § 371 Abs. 4 AO auch ordnungsgemäß sein. Dabei handelt es sich um ein formales, nicht hingegen um ein inhaltliches Kriterium. So ergibt sich aus diesem Erfordernis z. B. nicht die Notwendigkeit einer inhaltlichen Richtigstellung. Es muss lediglich deutlich werden, dass die Steuererklärung (sog. "Ursprungserklärung") fehlerhaft war. Darüber hinaus bedarf die Anzeige i. S. d. § 153 AO auch keiner bestimmten Form. Sie kann nicht nur schriftlich, sondern z. B. auch mündlich, telefonisch oder per E-Mail erfolgen. Die Anzeige ist allerdings vom Anzeigepflichtigen an die örtlich und sachlich zuständige Finanzbehörde zu richten, die für die Festsetzung der Steuer bzw. für die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zuständig ist. Verzögerungen, die durch eine Anzeige bei einer unzuständigen Behörde eintreten, gehen zulasten des Anzeigepflichtigen.
Da es sich bei der Ordnungsgemäßheit i. S. d. § 371 Abs. 4 AO nicht um ein inhaltliches Kriterium handelt und der Gesetzgeber das Kriterium der Vollständigkeit i. S. d. § 371 Abs. 1 AO nicht auf den Abs. 4 übertragen hat, sind im Rahmen der Fremdanzeige nach § 371 Abs. 4 AO weiterhin auch Teilberichtigungserklärungen möglich.
Rz. 446
Die Pflicht zur Anzeige und Berichtigung nach § 153 AO endet mit dem Ablauf der Festsetzungsfrist. Diese Frist beträgt
- fünf Jahre bei der leichtfertigen Steuerverkürzung (einschließlich Zölle und Verbrauchsteuern),
- vier Jahre bei Besitz- und Verkehrssteuern, soweit keine leichtfertige Steuerhinterziehung vorliegt oder
- ein Jahr bei Zöllen und Verbrauchsteuern, soweit keine leichtfertige Steuerverkürzung gegeben ist.
Die Zehn-Jahresfrist des § 169 Abs. 1 S. 2 AO ist insoweit nicht anwendbar, da im Fall einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung keine Pflicht zur Anzeige besteht (vgl. Rz. 392, 397f.).