Rz. 461

Negative Voraussetzung des Strafverfolgungsverbots ist, dass vor der Anzeige des Anzeigeerstatters dem Dritten oder seinem Vertreter nicht die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen seiner Tathandlung bekannt gegeben worden ist (Rz. 183ff.).

Anlässlich der Novellierung des § 371 AO wurde zwar der Ausschlussgrund des § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1b AO verändert, sodass es insoweit seit dem 1.1.2015 ausreichend ist, dass dem an der Tat Beteiligten die Verfahrenseinleitung mitgeteilt wurde. § 371 Abs. 4 S. 1 AO wurde hingegen nicht angepasst, sodass insoweit die Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung an einen Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) nicht zum Ausschluss des prozessualen Strafverfolgungsverbots führt. Hierdurch ergeben sich der Grundstruktur und Ausrichtung des aktuellen § 371 AO offensichtlich widersprechende Möglichkeiten im Rahmen von Hinterziehungstaktiken.

 
Praxis-Beispiel

G1 hat im Rahmen der Geschäftsführung einer GmbH eine Steuerhinterziehung begangen. Ihm folgt G2 nach, der diese Tat erkennt, aber nichts unternahm, da er dazu durch den für die Gesellschaft tätigen Steuerberater S angestiftet wurde. Wenig später übernimmt G3 die Geschäftsführung und erkennt – während einer die Vorfälle betreffenden Außenprüfung – die Fehler von G1. Er erstattet die in § 153 AO vorgesehene Anzeige rechtzeitig und ordnungsgemäß. Bevor er dies tut, wurde allerdings S bereits die Einleitung eines Strafverfahrens wegen der Tat mitgeteilt.

Eine Selbstanzeige ist dementsprechend durch die Außenprüfung gem. § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1b AO auch für den G2 ausgeschlossen. Gibt der G3 nun hingegen eine Berichtigungserklärung nach § 153 AO ab, greift das Strafverfolgungsverbot des § 371 Abs. 4 AO trotz der Verfahrenseinleitung gegen S zugunsten des G2 ein.

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