8.1 Schmuggelprivileg
Rz. 18
Nach § 32 Abs. 1 ZollVG a. F. (gültig bis 15.3.2017) wurden Steuerstraf- und -ordnungswidrigkeiten, die im grenzüberschreitenden Reiseverkehr begangen werden, nicht verfolgt, wenn
- sich die Tat auf Waren bezieht, die weder zum Handel noch zur gewerblichen Verwendung bestimmt sind, und
- der vollendete oder versuchte verkürzte Einfuhrabgabenbetrag 130 EUR nicht übersteigt und
keine Fallkonstellationen des § 32 Abs. 2 ZollVG vorliegen, die eine erhöhte kriminelle Energie beinhalten (sog. Schmuggelprivileg).
Streitig ist, ob das Schmuggelprivileg gem. § 32 ZollVG a. F. für § 372 AO gilt. Doch hat dieser Meinungsstreit in der Praxis geringe Auswirkungen: Gem. § 32 ZollVG a. F. besteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, was zu einer Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO führt, während nach der Gegenansicht bei Bannbruchhandlungen, die die Grenzen des § 32 ZollVG a. F. nicht überschreiten, regelmäßig eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens gem. § 153 Abs. 1 StPO erfolgen wird.
Rz. 18a
Die seit dem 16.3.2017 geltende Neufassung des § 32 ZollVG ist als Opportunitätsvorschrift ausgestaltet ("sollen") und umfasst Taten bis zu einer Hinterziehungshöhe von 250,00 EUR. Der unter der vorigen Rz. 18 genannte Meinungsstreit besteht auch zur n. F. des § 372 AO unverändert fort.
8.2 Rücktritt und Selbstanzeige
Rz. 19
Wurde die Tat lediglich versucht (vgl. Rz. 13), so gelten die allgemeinen Rücktrittsregeln des § 24 StGB. Demnach wird insbes. nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder die weitere Ausführung verhindert bzw. sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern, wenn die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet wird.
Rz. 20
Nach der Systematik der AO ist § 371 AO (Selbstanzeige) nicht auf § 372 AO anwendbar, denn § 371 AO bezieht sich ausschließlich auf die Steuerhinterziehung gem. § 370 AO. In der Praxis tritt damit zwar keine strafbefreiende Wirkung ein, doch ist eine "Selbstanzeige" auch bei § 372 AO erheblich strafmildernd zu berücksichtigen und es bietet sich ggf. ein Verfahrensabschluss gem. §§ 153, 153a StPO an.
8.3 Steuergeheimnis
Rz. 21
Hat der Schädiger tateinheitlich zur Steuerverkürzung Warenfalsifikate in die Bundesrepublik eingeführt und geht es dem Geschädigten um die Erkenntnis näherer Einzelheiten bezüglich Art und Umfang der eingeführten Falsifikate, um die Ermittlung des Vertriebsnetzes und um die Preisgabe des Namens des Beschuldigten zur Verfolgung zivilrechtlicher Ansprüche, so ist ihm nach § 406e StPO Akteneinsicht zu gewähren; § 30 AO steht dem nicht entgegen.