Rz. 28
Streitig ist, ob bei § 374 AO die Vortat der Steuerhehlerei zumindest vollendet oder gar beendet sein muss. Dieser Meinungsstreit hat insbesondere Auswirkung auf die Frage der Vollendung der Tat und damit auch auf das Strafmaß (zum Strafmaß s. Rz. 50), ebenso wie auf die Frage, ob die Beteiligung des Handelnden – je nach Willensrichtung – als Teilnahme an der Vortat oder als Beihilfe zur nachfolgenden Steuerhehlerei zu werten ist. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass die Sachhehlerei grundsätzlich eine abgeschlossene Vortat erfordert. Hinsichtlich § 259 StGB ist aber weitergehend anerkannt, dass sogar eine nur versuchte Tat als Vortat dann ausreichen kann, wenn diese den Vortäter bereits in den Besitz der Sache gebracht hat. Dieser Gesichtspunkt ist bei § 374 AO nicht einschlägig, weil die vorangegangene Steuerhinterziehung nicht unmittelbar an die rechtswidrige Erlangung von Sachherrschaft anknüpft. Wenn jedoch sogar eine nur versuchte Vortat Grundlage der Sachhehlerei sein kann, zeigt dies, dass nicht allein auf das formale Stadium der Vortat abzustellen ist, sondern dass auch die tatsächlichen Verhältnisse in den Blick zu nehmen sind.
2.1.5.1 Tathandlung in Form der Absatzhilfe
Rz. 29
Hinsichtlich der Tathandlung der "Absatzhilfe" (zum Begriff der Absatzhilfe s. o. Rz. 25–27) hat der BGH entschieden, dass Steuerhehlerei auch begangen werden kann, wenn die vorangegangene Steuerhinterziehung zwar vollendet, aber noch nicht beendet ist. Die diesbezüglich maßgeblichen Gesichtspunkte ergeben sich den überzeugenden Ausführungen des BGH entsprechend bereits aus dem Wesen der Absatzhilfe, die eine zur Täterschaft erhobene Beihilfe ist, weil die Absatztat für den Vortäter nicht gesondert strafbar ist. Dennoch ist die Möglichkeit des Absatzes regelmäßig der eigentliche Grund für die der Steuerhehlerei vorangegangene Steuerhinterziehung in Form des "(Zigaretten-)Schmuggels". Denn in Fällen der vorliegenden Art werden, anders als z. B. beim Diebstahl als Vortat einer Sachhehlerei, zunächst Kosten für den Erwerb der Waren (z. B. Zigaretten) aufgewendet. Hinzu treten die Kosten für ihren Transport und das Risiko der Entdeckung mit allen Folgen. Der Vortäter würde all dies nicht auf sich nehmen, wenn er bei Begehung der Steuerhinterziehung nicht bereits die sichere Erwartung des gewinnbringenden Weiterverkaufs der Waren (z. B. Zigaretten) vor Augen hätte, sondern lediglich deren Verwahrung in einem Versteck, wo sie zur Ruhe kommen, oder – noch fernliegender – eigenen Verbrauch. Hilfe bei dem für den Vortäter also wesentlichen Absatz (Absatzhilfe) kann typischerweise in der Vermittlung von Kontakten zu Kaufinteressenten liegen. Die Absatzhilfe geht im Erfolgsfall der Übertragung an den Abnehmer jedenfalls regelmäßig voraus. Sie beschränkt sich also nicht auf Fallgestaltungen, in denen die Steuerhinterziehung bereits beendet ist, weil die Ware schon aus anderem Grund zur Ruhe gekommen ist. Vielmehr sind auch die – häufigeren – Fälle erfasst, in denen die Steuerhinterziehung erst mit der Übergabe der "Schmuggelware" an den Kaufinteressenten beendet wird. Eine Verurteilung allein wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung würde das nach gesetzlicher Wertung beim Tatbeteiligten eigenständige Unrecht, das in der Mitwirkung am Absatz liegt, nicht erfassen.
2.1.5.2 Andere Tathandlungen
Rz. 30
Da der BGH sich in seinem o. g. Urteil (Rz. 29) ausdrücklich nur auf die Tathandlung der Absatzhilfe und deren Besonderheiten bezieht, dauert der Streit hins. der Abgeschlossenheit der Vortat zu den anderen Handlungsalternativen (s. o. Rz. 28) unverändert an. Nach zutreffender h. M. muss die Vortat beendet sein, was insbes. mit dem Normzweck des § 374 AO – Aufrechterhaltung und Vertiefung des rechtswidrigen Zustandes (s. o. Rz. 1) – begründet wird. Da den Vortäter erst nach Beendigung der Vortat (Gr...