Rz. 4
Die Verjährungsfrist ist – auch bei Tateinheit – für jede Tat gesondert zu bestimmen.
2.1 Beginn der Strafverfolgungsfrist
Rz. 5
Die Strafverfolgungsfrist beginnt gem. § 78a StGB mit Beendigung der Tat. Beendigung i. d. S. liegt vor, wenn der Täter sein rechtsverneinendes Tun insgesamt abgeschlossen hat. Ist nicht feststellbar, wann eine Tat beendet wurde, wirkt sich der Zweifel, ob sie verjährt ist, nach dem Grundsatz in dubio pro reo zugunsten des Beschuldigten aus.
Rz. 6
Der Beendigungszeitpunkt bei der Steuerhinterziehung durch aktives Tun, also durch Abgabe unrichtiger oder unvollständiger Steuererklärungen, ist wie folgt zu bestimmen:
Rz. 7
Bei der Steuerhinterziehung von Veranlagungssteuern durch falsche Erklärung beginnt die Verjährung mit Festsetzung der Steuer durch Bekanntgabe des Steuerbescheids an den Stpfl. Streitig ist hier, ob die Bekanntgabefiktion (gesetzliche Vermutung, dass der Steuerbescheid 3 Tage nach Aufgabe zur Post bekannt gegeben ist) des § 122 Abs. 2 AO greift. Zutreffend ist nach hiesiger Auffassung, dass (bei nicht aufklärbaren Sachverhalten) für Zwecke der strafrechtlichen Verjährungsberechnung der für den Beschuldigten günstigste Zeitpunkt anzunehmen, also von nur einem Tag Postlaufzeit auszugehen ist.
Rz. 8
Bleibt die Tat im Versuchsstadium stecken, insbes. weil im Rahmen der Veranlagung durch die Finanzbehörden die falschen Angaben erkannt werden, so beginnt die Verjährungsfrist mit Abgabe der falschen Erklärung.
Rz. 9
Bei Anmeldesteuern (LSt, USt) ist zu differenzieren: Handelt es sich um eine nicht zustimmungspflichtige Erklärung, so beginnt die Verjährungsfrist mit dem Tag der Abgabe der rechtzeitigen, falschen Steueranmeldung. Muss die Finanzbehörde der Anmeldung noch zustimmen, so beginnt die Verjährungsfrist mit dem Tag der Zustimmung. Erteilt das FA eine nach § 168 S. 2 AO erforderliche Zustimmung nicht, so beginnt die Verjährungsfrist des Versuchs mit Abgabe der falschen Erklärung.
Rz. 10
Bei Unterlassungstaten ist bei der Steuerhinterziehung ebenfalls zwischen Veranlagungs- und Anmeldesteuern zu differenzieren:
Rz. 11
Wird das Strafverfahren, das hinsichtlich der Nichtabgabe von Erklärungen zu Veranlagungssteuern (z. B. ESt oder KSt) geführt wird, nach allgemeinem Veranlagungsschluss eingeleitet, so beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt des allgemeinen Veranlagungsschlusses. Das bedeutet, dass die Verjährung in dem Zeitpunkt beginnt, in dem bei rechtzeitiger Abgabe der Steuererklärung eine Veranlagung durch das FA stattgefunden hätte, das ist (im Hinblick auf den Zweifelsgrundsatz, s. o. Rz. 5) der Fall, wenn die Veranlagungsarbeiten in dem betreffenden Bezirk im Wesentlichen (d. h. zu etwa 95 %) abgeschlossen sind. In der Praxis wird die sog. "95 %-Schwelle" mittels Statistiken der Finanzverwaltung bestimmt.
Rz. 12
Wird das Strafverfahren wegen Nichtabgabe einer Steuererklärung Veranlagungssteuern betreffend (etwa ESt, GewSt, KSt) vor dem allgemeinen Veranlagungsschluss, also dem Zeitpunkt, in dem das FA die Veranlagungsarbeiten im Wesentlichen (zu 95 %) abgeschlossen hat (zum Begriff des allgemeinen Veranlagungsschlusses s. Rz. 11), eingeleitet, so ist die Unterlassungstat im Versuchsstadium stecken geblieben und beginnt an dem Tag, an dem spätestens die Pflicht zur Abgabe bestand.
Rz. 13
Bei unterlassener oder verspäteter Abgabe der Steueranmeldung (egal ob mit richtigem oder falschem Inhalt) hinsichtlich Fälligkeitssteuern (z. B. USt, LSt) beginnt die Verjährung jeweils mit Ablauf des Fälligkeitstermins (dem 10. des Folgemonats bzw. nach Ablauf der Fristverlängerung; zur Dauerfristverlängerung s. §§ 16 und 18 UStG sowie §§ 46 bis 48 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV).
Rz. 14
Bei der USt ist zum Zeitpunkt der Beendigung der Tat Folgendes zu beachten:
Die Umsatzsteuervoranmeldungen sind mitbestrafte Vortaten einer Steuerhinterziehung durch Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung. Bei unterlassener bzw. falscher Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen ist die Tat vollendet. Beendigung tritt allerdings erst ein, wenn die Jahreserklärung nicht oder unrichtig abgegeben wird, also grds. zum 31.7. des Folgejahres, es sei denn, die Jahreserklärung ist zustimmungspflichtig gem. § 168 S. 2 AO, dann tritt Beendigung der Tat erst mit Zustimmung des FA ein.
Rz. 15
Ebenfalls zu differenzieren ...