Rz. 6

Der Kreis der tauglichen Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung ist gem. § 378 Abs. 1 AO beschränkt auf den Stpfl. und Personen, die bei der Wahrnehmung seiner steuerlichen Aufgaben tätig sind.

3.1 Steuerpflichtiger

 

Rz. 7

Die Definition des Begriffs des Stpfl. ergibt sich aus § 33 AO, der auch im Rahmen des § 378 AO anwendbar ist.[1] Steuerpflichtige sind danach insb.

  • der Steuerschuldner (insb. nach Maßgabe der Einzelsteuergesetze),
  • der Haftungsschuldner[2],
  • der Steuereinbehaltungs- und -abführungsverpflichtete[3],
  • der zur Abgabe einer Steuererklärung Verpflichtete[4],
  • der gesetzliche Vertreter[5],
  • der Vermögensverwalter[6],
  • der Verfügungsberechtigte[7],
  • die Anzeigepflichtigen[8],
  • die Buch- und Aufzeichnungspflichtigen[9],
  • Steueraufsichtsunterworfene[10] oder
  • der Drittschuldner.[11]
 

Rz. 8

Begrenzt wird der sehr weite Begriff des Stpfl. durch § 33 Abs. 2 AO, wonach lediglich mit steuerlichen Nebenpflichten belastete Personen keine Steuerpflichtigen i. d. S. sind. Es handelt sich dabei um

  • Auskunftspflichtige[12],
  • zur Vorlage Verpflichtete[13],
  • Sachverständige[14] und
  • Duldungsverpflichtete i. S. d. § 99 AO.
 

Rz. 9

Auch Amtsträger der Finanzverwaltung sind als solche keine Stpfl. Ihre Pflichten im Rahmen der Festsetzung der Steuern sind Amtspflichten und ergeben sich nicht aus den Steuergesetzen.[15] Folglich wird der Tatbestand des § 378 AO nicht verwirklicht, wenn durch das leichtfertige Verhalten eines Amtsträgers der Finanzverwaltung ein Steueranspruch verjährt und somit dadurch ein Steuerausfall herbeigeführt wird.

[1] Klein/Jäger, AO, 13. Aufl. 2016, § 378 Rz. 7; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 13; zum Begriff des Stpfl. vgl. auch die Kommentierung zu § 33 AO.
[3] Vgl. § 380 AO.
[12] § 93 AO.
[13] § 97 AO.
[14] § 96 AO.
[15] Heerspink, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 378 AO Rz. 25; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 11; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 8; Heuel, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 15.

3.2 In Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen handelnde Personen

 

Rz. 10

Der Begriff der "Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen" soll einen möglichst breiten Anwendungsbereich eröffnen, sodass er weit auszulegen ist.[1] Folglich handelt jeder in Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Stpfl., der – ohne selbst Stpfl. zu sein – dem Stpfl. bei der Erledigung seiner steuerlichen Angelegenheiten Hilfe leistet[2] oder dessen Handeln sonst mit den steuerlichen Pflichten eines Stpfl. zusammenhängt.[3] Zu der Frage, ob der Handelnde nach außen in Erscheinung treten muss, vgl. Rz. 3f.

 

Rz. 11

Der primäre Anwendungsfall der zweiten Tätergruppe sind die Angehörigen der steuerberatenden Berufe.[4] Üben diese Personen ihre Tätigkeit im Rahmen von Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- oder Buchführungsgesellschaften aus, so kommt dieser Tatsache keine strafrechtliche Relevanz zu, denn die Leistung wird durch die handelnden natürlichen Personen eigenverantwortlich erbracht.[5] Folglich kommen auch nur natürliche Personen als taugliche Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung infrage.[6] Zur bußgeldrechtlichen Haftung der Gesellschaft vgl. Vor §§ 377–384 AO Rz. 100ff.

 

Rz. 12

In Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Stpfl. können aber auch alle anderen Personen handeln, die mit einer gewissen Selbstständigkeit steuerliche Belange Dritter behandeln.[7] Dabei kann es sich um nachgeordnete Mitarbeiter handeln, soweit die Wahrnehmung der steuerlichen Belange Hauptpflicht ihrer Tätigkeit ist und sich diese Tätigkeit nicht bloß auf Schreib- oder Rechenarbeiten beschränkt.[8] Es ist jedoch unerheblich, ob die Tätigkeit geschäfts- oder berufsmäßig, befugt oder unbefugt, mit oder ohne Vertretungsmacht oder Auftrag, auf oder gegen die Weisung des Stpfl. erfolgt.[9] Der jeweilige Mitarbeiter muss keine leitende Funktion innehaben.[10] Aufgrund der weiten Auslegung des Begriffs kommen als Täter des § 378 AO z. B. auch Familienmitglieder infrage, die für ihre Mitreisenden gegenüber einem Zollbeamten auftreten.[11]

 

Rz. 13

Ebenso wie Amtsträger der Finanzverwaltung als solche keine Stpfl. sind[12], so nehmen sie im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit auch nicht die Angelegenheiten des Stpfl. wahr.[13] Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Amtsträger außerdienstlich tätig wird.

[1] RG v. 12.4.1923, III 750/22, RGSt 57, 218; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 15; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 9; Heuel, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 16.
[2] RG v. 12.4.1923, III 750/22, RGSt 57, 218.
[3] Klein/Jäger, AO, 13. Aufl. 2016, § 378 Rz. 8; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 15; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 9; vgl. auch § 382 AO Rz. 2...

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