Rz. 7
Gemäß § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO handelt ordnungswidrig, wer in tatsächlicher Hinsicht unrichtige Belege herstellt und hierdurch ermöglicht, Steuern zu verkürzen oder ungerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen.
Dies kann nach zutreffender Rechtsprechung des BFH auch gegeben sein, wenn vorsätzlich oder leichtfertig für eine Ausfuhrlieferung Rechnungen unterfakturiert erteilt werden. Dies ergibt sich daraus, dass auch bei Ausfuhrlieferungen das Entgelt gem. § 13 Abs. 2 Nr. 4 UStDV buchmäßig aufzuzeichnen ist und dem Entgelt für die Frage Bedeutung zukommt, ob eine in Anspruch genommene Steuerfreiheit zu versagen ist.
2.1.1.1 Beleg
Rz. 8
Als Beleg ist jegliches Schriftstück anzusehen, das geeignet ist, im Rechtsverkehr Beweis für einen steuerlich erheblichen Sachverhalt zu erbringen und einen Aussteller erkennen lässt. Da der Wortlaut des § 379 Abs. 1 AO insoweit keine Einschränkung enthält, handelt es sich um alle Schriftstücke, mit deren Hilfe im Rahmen eines steuerlichen Sachverhalts ein Beweis erbracht werden kann. Vornehmlich handelt es sich dabei um Buchführungsunterlagen i. S. d. § 147 Abs. 1 AO, also z. B. Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen, Handels- und Geschäftsbriefe, Buchungsbelege usw. Zu den Belegen i. S. d. § 379 Abs. 1 AO gehören jedoch z. B. auch Spenden- und Kurbescheinigungen, Reisekostenabrechnungen sowie Eigenbelege, also vom Stpfl. selbst erstellte Dokumente, wenn sie als Buchungsunterlagen in Betracht kommen. Insoweit ist es unerheblich, ob sie – z. B. im Rahmen einer Betriebsprüfung – möglicherweise als nicht ausreichend beweiskräftig zurückgewiesen werden könnten.
Auch ob der Empfänger von dem Beleg Gebrauch macht, ist im Rahmen des § 379 AO ohne Bedeutung.
Rz. 9
Über die objektive steuerliche Beweiseignung hinaus muss auch eine subjektive Beweisbestimmung durch den Aussteller gegeben sein, die sich allerdings nicht auf steuerliche Zwecke beziehen muss. Es ist ausreichend, wenn der Aussteller dem Beleg irgendeine im Rechtsverkehr relevante Beweisbestimmung beigelegt hat. Die Möglichkeit zur steuerlichen Verwendung des falschen Belegs muss ihm jedoch bei Ausstellung des Belegs nicht bewusst sein.
Rz. 10
Dem Beleg kommt Urkundencharakter i. S. d. § 267 StGB zu, da er den Aussteller erkennen lassen muss. Diese Erkennbarkeit muss sich aus dem Schriftstück selbst ergeben; im Einzelnen kann sie sich z. B. aus der Unterschrift, dem Briefkopf, einem Firmenstempel oder einem Firmenlogo ergeben. Es reicht hingegen nicht aus, wenn sich die Erkennbarkeit aus Umständen ergibt, die außerhalb der Urkunde liegen, z. B. bei der Nutzung eines Allerweltsnamens mit erkennbar fehlender Individualisierungsfunktion oder der erkennbar unzutreffenden Verwendung des Namens einer prominenten Person.
2.1.1.2 Unrichtigkeit
Rz. 11
Der Beleg muss in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sein, d. h. die durch ihn belegten Angaben müssen von den objektiven Gegebenheiten abweichen. Diese Abweichung kann sich sowohl auf die äußeren Umstände eines Vorfalls (z. B. Ort und Datum) als auch auf den bekundeten Sachverhalt beziehen. Es ist allerdings umstritten, ob § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO ausschließlich Fälle der "schriftlichen Lüge" erfasst oder ob sich die Unrichtigkeit auch auf den Aussteller beziehen kann. Dieser Streitstand kann jedoch dahingestellt bleiben, da er ohne praktische Auswirkung ist, denn sollte eine Täuschung über die Identität des Ausstellers z. B. durch die Verwendung eines falschen Namens bzw. einer falschen Firmenangabe erfolgen, so liegt eine Urkundenfälschung i. S. d. § 267 StGB vor. Mithin wird § 379 AO – so er denn in diesem Fall überhaupt anwendbar ist – gem. § 21 OWiG auf Konkurrenzebene verdrängt. Ferner wird in den Fällen, in denen der Lebenssachverhalt zutreffend ist, der Beleg jedoch vom falschen Aussteller ausgestellt wurde, eine Steuergefährdung i. d. R. nicht festzustellen sein.