2.6.1 Allgemeines
Rz. 55
§ 146a AO normiert besondere Ordnungsvorschriften für die Buchführung und für Aufzeichnungen mittels elektronischer Aufzeichnungssysteme. Auch wenn die Regelung in die AO bereits durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016 eingefügt wurde, so ist die Norm doch erst auf Kalenderjahre nach dem 31.12.2019 anzuwenden. Der Sinn und Zweck der Norm liegt darin, dass bei Verwendung eines elektronischen Systems eine größere Sicherheit gegeben sein soll, dass dieses nicht manipuliert werden kann.
Rz. 56
Nach § 146a Abs. 1 S. 5 AO ist es verboten, elektronische Aufzeichnungssysteme im Sinne der KassenSichV, Software für elektronische Aufzeichnungssysteme und technische Sicherheitseinrichtungen gewerbsmäßig zu bewerben oder in den Verkehr zu bringen, wenn diese den Anforderungen von § 146a Abs. 1 S. 1 bis 3 AO nicht entsprechen. Den Anforderungen entsprechen sie nicht, wenn sie nicht jeden einzelnen Geschäftsvorfall vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet erfassen bzw. z. B. im Fall von Manipulationssoftware nachträglich unprotokolliert steuerrelevante Daten verändern, löschen oder unterdrücken. Dadurch sollen die Integrität, Authentizität und Vollständigkeit der aufgezeichneten Geschäftsvorfälle und sonstigen Vorgänge (vgl. Rz. 42) gewährleistet werden.
Rz. 57
Taugliche Tathandlungen sind das Bewerben und das Inverkehrbringen. Bewerben i. S. d. § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AO ist eine schriftliche oder mündliche Äußerung, die dazu dient, jemanden zum Kauf der beschriebenen elektronischen Aufzeichnungssysteme oder Software zu bewegen. Nach dem Wortlaut der Norm ist es unerheblich, ob elektronische Aufzeichnungssysteme mit Anbindungsmöglichkeit an eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung und die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen in Kombination oder unabhängig voneinander beworben werden.
Rz. 58
Ein In-Verkehr-Bringen i. S. d. § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AO ist jede Handlung, durch die die beschriebenen Aufzeichnungssysteme oder Software aus der Verfügungsgewalt einer Person so entlassen wird, dass eine andere tatsächlich in die Lage versetzt wird, mit diesen nach Belieben umzugehen. Nicht erfasst sind nach zutreffender Ansicht unentgeltliche Überlassungen an Bekannte oder Verwandte sowie Hackerangriffe auf fremde Kassensysteme. Auch im Hinblick auf das In-Verkehr-Bringen ist es unerheblich, ob elektronische Aufzeichnungssysteme mit Anbindungsmöglichkeit an eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung und die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtungen in Kombination oder unabhängig voneinander in den Verkehr gebracht werden.
Rz. 59
Auch wenn der Gesetzgeber insoweit einen neuen Ordnungswidrigkeitentatbestand geschaffen hat, so fragt sich doch, ob der Vertrieb von Software, die bewusst zur Steuerhinterziehung eingesetzt wird, nicht bereits nach den bestehenden Bestimmungen als Beihilfe zur Steuerhinterziehung sanktioniert werden kann. Ist dies im Einzelfall zu bejahen, so tritt § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AO als subsidiär zurück.
Rz. 60
Der Tatbestand des § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AO setzt ferner voraus, dass die tatbestandsmäßige Handlung gewerbsmäßig erfolgt. Dies ist der Fall, wenn wiederholt Manipulationssoftware, technisch unzureichende elektronische Aufzeichnungssysteme im Sinne der KassenSichV oder technische Sicherheitseinrichtungen beworben oder in den Verkehr gebracht werden, um sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle zu verschaffen.
2.6.2 Tauglicher Täter
Rz. 61
Als Täter i. S. d. § 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AO kommt jeder in Frage, der wiederholt Manipulationssoftware, technisch unzureichende elektronische Aufzeichnungssysteme im Sinne der KassenSichV oder technische Sicherheitseinrichtungen bewirbt oder in den Verkehr bringt. Die Vorschrift ist mithin nicht auf Kassenhersteller oder-händler beschränkt.