Rz. 9
§ 381 Abs. 1 Nr. 1 AO erfasst alle allgemeinen Pflichten, die Steuergesetze dem einzelnen Pflichtigen zum Zweck der Vorbereitung, Sicherung oder Nachprüfung der Besteuerung auferlegen. Deshalb können nicht nur die Verletzung von Erklärungs- und Anzeigepflichten, sondern jeder zur Vorbereitung, Sicherung oder Nachprüfung der Besteuerung auferlegten Pflicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Es handelt sich dabei insb. um Anschreibe-, Aufbewahrungs-, Aufzeichnungs-, Buchführungs-, Erklärungs- und Vorlagepflichten sowie Pflichten zur Sicherung von Waren.
Rz. 10
Die bezeichneten Pflichten müssen nach dem klaren Wortlaut des § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO aus steuerlichen Gründen ("zur Vorbereitung, Sicherung oder Nachprüfung der Besteuerung") auferlegt sein. Folglich werden Pflichten, die ausschließlich aus lebensmittelrechtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Gründen bestehen, nicht von § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO erfasst. Dasselbe gilt für Obliegenheitsverletzungen, von denen Steuervergünstigungen abhängen.
Die von § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO erfassten Pflichten dienen vor allem der Kontrolle des Betriebs, der Betriebsvorgänge, der Waren und deren Entfernung aus dem Herstellungsbetrieb. Beispielhaft sind zu nennen
- die Mitteilung der Eröffnung, Einstellung, des Ruhens oder Wechsels im Besitz des Herstellerbetriebs oder des Inhabers eines Steuerlagers gem. § 8 Abs. 3 TabStV i. V. m. § 54 Abs. 1 Nr. 3 TabStV,
- die Überlassung bzw. Entnahme von Proben gem. § 7 Abs. 2 S. 1 EnergieStV i. V. m. § 111 Abs. 2 Nr. 2 EnergieStV,
- das Führen von Belegheften, Lagerbüchern, Steuerbüchern, Brennbüchern oder anderen Aufzeichnungen gem. § 166 Abs. 1, 2 BrennO sowie § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 BierStV i. V. m. § 52 Abs. 1 Nr. 3 BierStV; § 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 BrStV iVm. § 67 Abs. 1 Nr. 9 BrStV; § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 KaffeeStV i. V. m. § 44 Nr. 3 KaffeeStV und
- die Vorlage bzw. das Mitführen von Bescheinigungen oder Begleitdokumenten gem. § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1, 2, § 15 S. 1 KaffeeStV i. V. m. § 44 Nr. 4, 6, 7, 10 KaffeeStV; § 16 Abs. 3 iVm. § 53 Abs. 1 Nr. 5 SchaumwZwStV.
Rz. 10a
Teilweise wird vertreten, dass in den Fällen, in denen die Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten in Ermangelung einer Rückverweisung nicht möglich ist, auch der Tatbestand des § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO gesperrt sei. Diese Ansicht überzeugt jedoch nicht, da § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO zwar durchaus spezieller ist und § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO verdrängt. Für die Annahme, dass § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO aufgrund der Wirkung der Rückverweisungsklausel auch in dem Fall, dass gerade keine Rückverweisung vorliegt, andere Normen ebenso sperrt, als wenn eine Rückverweisung vorhanden wäre, ist jedoch keine Grundlage erkennbar.