Rz. 4
Tatbestandsmäßige Handlungen i. S. d. § 383a AO sind
Die Identifikationsnummer wird i. S. d. § 383a AO erhoben, indem sie festgestellt wird. Ein Verwenden i. S. d. § 383a AO liegt in jeder Verarbeitung (z. B. Speichern, Verändern oder Übermitteln) oder Nutzung der Identifikationsnummer. Das Ordnen oder Erschließen stellt einen Unterfall des Verwendens dar. Mithin liegt in jeder Nutzung der Identifikationsnummer entgegen ihrer strikten Zweckbindung ein tatbestandliches Verwenden i. S. d. § 383a AO, sodass bereits das bloße Ordnen von Daten nach dem Identifikationsmerkmal schon den objektiven Tatbestand erfüllt.
Gemäß § 377 Abs. 2 AO i. V. m. § 8 OWiG kann der Tatbestand des § 383a AO auch durch Unterlassen verwirklicht werden, z. B. wenn derjenige, der die Daten (berechtigt) gesammelt hat, seinen Datenschutz nicht den aktuellen Standards anpasst und dadurch den Zugriff Dritter ermöglicht.
Gem. § 139b Abs. 2 S. 3 AO sind die Beschränkungen im Hinblick auf die Erhebung oder Verwendung der Identifikationsnummer einer natürlichen Person nicht durch eine Vereinbarung zwischen den Beteiligten oder eine Einwilligung des Betroffenen zu beseitigen. Im Hinblick auf die Wirtschafts-Identifikationsnummer besteht keine entsprechende Regelung (vgl. Rz. 7).
Rz. 5
Die Finanzbehörden – die nicht Täter i. S. d. § 383a AO sein können – dürfen nach §§ 139b Abs. 2 S. 1, 139c Abs. 2 S. 1 AO die Identifikationsnummer und die Wirtschafts-Identifikationsnummer nur erheben bzw. verwenden, soweit dies zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift derartige Aktivitäten ausdrücklich erlaubt bzw. anordnet.
Rz. 6
Andere öffentliche Stellen oder die allein als Täter des § 383a AO infrage kommenden nicht öffentlichen Stellen unterliegen gem. §§ 139b Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 139c Abs. 2 S. 2 AO erheblich strengeren Restriktionen. Sie dürfen die Identifikationsnummer nach § 139b AO nur erheben, verwenden, ordnen oder erschließen, soweit dies zur Datenübermittlung zwischen ihnen und den Finanzbehörden erforderlich ist. Folglich darf ein Arbeitgeber die Identifikationsnummern seiner Beschäftigten nur speichern, um den Datentransfer mit dem FA sicherzustellen. Er darf sie hingegen nicht z. B. für eigene statistische Auswertungen nutzen oder die Identifikationsnummer der Beschäftigten als Ordnungskriterium nutzen. Ebenso darf auch der Steuerberater die Identifikationsnummer nur zur Datenübermittlung an die Finanzbehörden nutzen.
Rz. 7
Im Hinblick auf die Wirtschafts-Identifikationsnummer nach § 139c AO ist die Erhebung bzw. Verwendung darüber hinaus auch zur Erfüllung der den betroffenen Stellen obliegenden Aufgaben bzw. des jeweilig von ihnen beabsichtigten Geschäftszwecks zulässig. Erlaubt wäre z. B. das Ordnen von Firmenregistern etc. durch die Industrie- und Handelskammer nach der Wirtschafts-Identifikationsnummer. Folglich ist es auch zulässig, wenn der Steuerberater seine wirtschaftlich tätigen Mandanten nach der Wirtschafts-Identifikationsnummer sortiert.
Allgemein lässt sich feststellen, dass Abweichungen von diesen Grundsätzen aufgrund der strengen Regelungen im Hinblick auf die Identifikationsnummer nur zulässig sind, wenn dies in einer anderen Rechtsvorschrift explizit erlaubt bzw. angeordnet wird. Im Gegensatz dazu ist diese strikte Zweckbindung bei der Wirtschafts-Identifikationsnummer abgemildert. Folglich stehen die gesetzlich normierten Restriktionen der zweckgebundenen Verwendung der Identifikationsnummer nicht zur Disposition der Beteiligten, sodass entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen von Gesetzes wegen unwirksam sind. Demgegenüber fehlt eine entsprechende Regelung für die Wirtschafts-Identifikationsnummern, sodass sie in weiterem Umfang verkehrsfrei ist. Vertragliche Vereinbarungen betreffend eines über den gesetzlich normierten Rahmen der Wirtschafts-Identifikationsnummer hinausgehenden Einsatzes sind daher grundsätzlich möglich.