Rz. 6

Diejenige Finanzbehörde i. S. d § 390 Abs. 1 AO, die wegen der Tat zuerst ein Strafverfahren eingeleitet hat, hat gem. § 390 Abs. 2 S. 1 AO das Recht, eine andere sachlich und örtlich zuständige Finanzbehörde um Übernahme der Strafsache zu ersuchen.[1] Ein umgekehrtes Ersuchen, nach dem die örtlich und sachlich zuständige Behörde, die nicht als erste das Verfahren eingeleitet hat, die zuerst zuständige Finanzbehörde um Übernahme ersucht, ist vom Wortlaut des § 390 Abs. 2 S. 2 AO, der auf die zuerst einleitende Behörde i. S. d. Abs. 1 Bezug nimmt ("diese"), nicht erfasst. Nach § 390 Abs. 2 AO hat die ersuchte Finanzbehörde die Pflicht zur Übernahme, wenn ein Übernahmegrund gegeben ist. Die betroffenen Finanzbehörden haben ihre Entscheidungen nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Der primär nach § 390 Abs. 1 AO zuständigen Finanzbehörde steht nach dem Gesetzeswortlaut kein Evokationsrecht zu, d. h., sie kann die Strafsache nicht gegen den Willen einer anderen Finanzbehörde an sich ziehen. Sie hat nur die Möglichkeit, ein Übernahmeersuchen der anderen zuständigen Finanzbehörde anzuregen.

[1] Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 390 AO Rz. 17 m.  w. N.; auch Seipl, in Gosch, AO/FGO, § 390 AO Rz. 16.

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