Rz. 53
Die Erkenntnis der Strafverfolgungsorgane muss sich aus den Steuerakten dieses beschuldigten oder angeklagten Stpfl. ergeben haben. Dies sind alle Akten dieses Stpfl., die die Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren oder im finanzgerichtliche Verfahren in Steuersachen führt. In welchem Stadium des Besteuerungsverfahrens die Akten entstanden sind, z. B. im Einspruchs- oder im Außenprüfungsverfahren, ist unerheblich. Es ist auch unerheblich, welcher Amtsträger die Akten angelegt hat und ob sie nur als Hilfsakten für eine bestimmte Aufgabe gedacht waren.
Eine Ausdehnung des § 393 Abs. 2 AO über Steuerakten hinaus auf sonstige Unterlagen eines Stpfl., die diesem auch zur Erfüllung steuerlicher Offenbarungspflichten zu dienen geeignet erscheinen, kommt vom Gesetzeswortlaut und vom Normzweck der Vorschrift her nicht in Betracht.
Rz. 54
Die Akten der Steuer- bzw. Zollfahndung sind nur dann Steuerakten i. d. S., wenn nur steuerliche Ermittlungen nach §§ 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 208a Abs. 1 AO oder steuerliche Ermittlungen kraft Auftrags nach § 208 Abs. 2 Nr. 1 AO geführt worden sind. Die aus strafrechtlichen Ermittlungen der Fahndung nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 AO, also aus Ermittlungen nach Einleitung des Steuerstrafverfahrens, entstandenen Akten sind Akten des Strafverfahrens und keine das Verwendungsverbot des § 393 Abs. 2 AO begründenden Steuerakten. Nicht erfasst sind die Akten der Finanzbehörde, die sie als Bußgeld- und Strafsachenstelle führt, sei es im eigenständigen Verfahren, sei es als Ermittlungsorgan der Staatsanwaltschaft, und diejenigen der Staatsanwaltschaft.
Rz. 55
Das Verwendungsverbot des § 393 Abs. 2 AO gilt für alle Tatsachen und Beweismittel, die den Steuerakten zu entnehmen sind. Die Strafverfolgungsorgane müssen die Erkenntnisse hiervon nicht unmittelbar aus den Steuerakten entnommen haben, die Steuerakten müssen nur die Quelle der Erkenntnis sein. Nicht zu verwenden sind demgemäß Mitteilungen, Kopien oder Auszüge, die den Inhalt der Steuerakten wiedergeben. Auch eine Vernehmung eines Amtsträgers der Finanzbehörde über den Akteninhalt ist nicht gestattet. Wenn die Erkenntnisse aus den Steuerakten über die offenbarten Tatsachen und Beweismittel ursächlich sind für die Meinungsbildung und die Ermittlungen der Strafverfolgungsorgane, dürfen die weiteren Erkenntnisse nicht verwendet werden. Soweit jedoch Informationen unabhängig von den Steuerakten zu den Strafverfolgungsorganen gelangen, können diese verwendet werden.
Rz. 56
Die Erkenntnisse ergeben sich nicht aus den Steuerakten, wenn die Tatsachen oder Beweismittel dem Strafgericht unabhängig von den Akten bereits bekannt waren. Allerdings dürfen diese Erkenntnisse nicht auf Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden oder des Strafgerichts beruhen, für die die Steuerakten ursächlich waren. Für das Verwendungsverbot ist es also nicht erheblich, dass sich das Strafgericht die Erkenntnis hätte auch auf anderem Weg beschaffen können.