5.1 Bedeutung
Rz. 46
Für die Strafverfolgungsorgane besteht im allgemeinen Strafverfahren grundsätzlich nicht die Pflicht, dem Beschuldigten dessen Anhängigkeit sofort mitzuteilen. Es können die Ermittlungen zunächst geführt werden, ohne dass der Beschuldigte hierzu Kenntnis erlangt. Erst wenn der Beschuldigte im Strafverfahren zur Mitwirkung aufgefordert wird (Rz. 48), spätestens vor Abschluss der Ermittlungen, ist er über seine besondere Rechtsstellung (Rz. 8) zu unterrichten, wenn das Verfahren nicht durch eine Einstellung ohne weitere Ermittlungen beendet wird.
Dieser Grundsatz gilt auch im Strafverfahren wegen Steuerstraftaten. § 397 Abs. 3 AO hat insoweit für das Steuerstrafverfahren lediglich deklaratorische Bedeutung. Die hier geregelte Mitteilungspflicht dient dem Schutz des Beschuldigten, damit er sich nicht selbst belastet. Außerdem wird durch die Bekanntgabe des Vorwurfs (Rz. 51) der Beschuldigte in die Lage versetzt, seine Verteidigung vorzubereiten.
Rz. 47
Da durch die Einleitungsmaßnahme die steuerrechtlichen Mitwirkungspflichten des steuerpflichtigen Beschuldigten grundsätzlich erhalten bleiben (Rz. 11), wird die strafrechtliche Bekanntgabepflicht nach § 397 Abs. 3 AO ergänzt durch die in § 393 Abs. 1 AO normierte Pflicht zur Bekanntgabe der Einleitung auch bei Ermittlungen im Besteuerungsverfahren. Hierdurch soll ausgeschlossen werden, dass über die in Unkenntnis des Strafverfahrens geleistete Mitwirkung im Besteuerungsverfahren Erkenntnisse für das Strafverfahren gewonnen werden können. Die im Besteuerungsverfahren tätige Finanzbehörde wird gehindert, unter Ausnutzung der steuerlichen Mitwirkungspflicht verdeckt strafrechtliche Ermittlungen zu führen. Die steuerliche Bekanntgabepflicht nach § 393 Abs. 1 AO ist damit die eigentlich wesentliche steuerliche Folge der Einleitung zum Schutz des Beschuldigten.
5.2 Zeitpunkt, Form und Inhalt
5.2.1 Zeitpunkt der Bekanntgabe
Rz. 48
Die Bekanntgabe der Einleitung hat durch die Strafverfolgungsorgane (Rz. 15) zu erfolgen, die die Mitwirkung des Beschuldigten einfordern. Bekanntzugeben ist nach § 397 Abs. 3 AO die Einleitung, nicht die einleitende Maßnahme.
Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens ist nach § 397 Abs. 3 AO spätestens dann mitzuteilen, wenn der Beschuldigte aufgefordert wird, Tatsachen darzulegen oder Unterlagen vorzulegen, die im Zusammenhang mit der vermeintlichen Straftat stehen. Die Einleitung kann auch schon früher mitgeteilt werden (Rz. 46), wenn dadurch die Ermittlungen nicht gefährdet werden. Durch eine möglichst frühe Bekanntgabe wird die Rechtsposition des Stpfl. besser geschützt, er allerdings auch stärker der psychischen Belastung des Strafverfahrens ausgesetzt und ihm frühzeitig die Möglichkeit zur Selbstanzeige abgeschnitten (Rz. 9).
Rz. 49
Die Bekanntgabepflicht nach § 397 Abs. 3 AO besteht nur einmal. Die Bekanntgabe muss nicht bei jeder Ermittlungshandlung wiederholt werden. Sie muss aber dann erneut erfolgen, wenn der Tatvorwurf erweitert wird.
Rz. 49a
Die Bekanntgabepflicht besteht nur gegenüber Beschuldigten (Rz. 8), bei mehreren gegenüber jedem Beschuldigten. Mit der Bekanntgabe an andere Personen darf der Schutzcharakter der Regelung (Rz. 46) nicht umgangen werden.
5.2.2 Form der Bekanntgabe
Rz. 50
Eine besondere Form ist für die Bekanntgabe der Einleitung nicht vorgeschrieben. Es reicht die mündliche Information, aber auch schlüssiges Verhalten. Aus Gründen der Beweissicherung ist die Bekanntgabe aktenkundig zu machen.
5.2.3 Inhalt der Bekanntgabe
Rz. 51
Die Rechtsfolgen der Bekanntgabe der Einleitung (Rz. 8ff.) können nur dann eintreten, wenn durch den Inhalt der Bekanntgabe der Beschuldigte über die Tat, derer er verdächtigt wird, ins Bild gesetzt wird. Die Rechtsfolgen der Einleitung, insbesondere die Verjährungsunterbrechung nach § 78c Nr. 1 StGB (Rz. 9), treten nur ein, wenn der...