2.1 Allgemeines
Rz. 11
§ 398a AO hindert die Verfolgung "einer Steuerstraftat", d. h. in diesem Zusammenhang einer Steuerhinterziehung. Das Verfolgungshindernis kann nach dem Wortlaut des § 398a AO ausschließlich in den Fällen eingreifen, in denen
- eine ordnungsgemäße und voll wirksame "Selbstanzeigeerklärung" vorliegt, aber
- die Straffreiheit nach § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und/oder 4 AO ausgeschlossen ist und
- kein anderer Ausschlussgrund nach § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 oder 2 AO gegeben ist, da dann die Selbstanzeige schon ohne Rückgriff auf § 398a AO ausgeschlossen wäre.
Zur zeitlichen Anwendbarkeit vgl. Rz. 3.
Rz. 12
Damit das Verfolgungshindernis des § 398a AO eingreift, muss der Tatbeteiligte bei Vorliegen einer Selbstanzeige i. S. d. Rz. 11 im weiteren Verfahren innerhalb der ihm gesetzten (angemessenen) Frist
zahlen. Die Zahlung dieses zusätzlichen Geldbetrags ist – ebenso wie die Abgabe der Selbstanzeige – freiwillig. Folglich liegt die Entscheidung über die weitere Durchführung des Strafverfahrens beim Tatbeteiligten, gegen dessen Willen eine Zahlung nicht durchgesetzt werden kann.
Rz. 13
§ 398a AO ist nur anwendbar auf vollendete Steuerhinterziehungen. Dies ergibt sich daraus, dass sowohl die Nachentrichtungspflicht als auch der zu zahlende Geldbetrag i. S. d. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO an die "hinterzogenen Steuern" anknüpfen. Folglich würden die Auflagen des § 398a AO komplett leerlaufen, da es im Fall der versuchten Steuerhinterziehung eben gerade noch keine hinterzogene Steuer gibt. Letzteres ist erst der Fall, wenn der Taterfolg bereits eingetreten ist.
2.2 Ausschluss der "Selbstanzeige"
2.2.1 Unwirksamkeit der Selbstanzeige nach § 371 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 AO
Rz. 14
Durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz wurde im Jahr 2011 im Rahmen des § 371 AO eine Grenze i. H. v. 50.000 EUR eingeführt, bis zu der eine strafbefreiende Selbstanzeige noch möglich war. Diese Grenze orientierte sich an der Rechtsprechung des BGH zur Verwirklichung eines besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung durch aktives Tun. Nur besonders schwerwiegende Fälle der Steuerhinterziehung sollten aus dem Anwendungsbereich der Selbstanzeige herausgenommen werden und unter § 398a AO fallen. Mit Wirkung zum 1.1.2015 wurde die Grenze auf 25.000 EUR herabgesetzt, um nicht nur besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung dem Anwendungsbereich des § 398a AO zu unterwerfen, sondern alle Fälle, die nach Ansicht von Bund und Ländern aufgrund des Hinterziehungsvolumens die Anwendung des § 371 AO nicht mehr angemessen erscheinen lassen.
Rz. 15
Die Ausschlussregelung des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO tritt "je Tat" ein, also wenn hinsichtlich der nach Besteuerungszeitraum und Steuerart bestimmten Tat i. S. d. § 370 AO die Steuerverkürzung oder der erlangte Steuervorteil 25.000 EUR übersteigt. Unerheblich ist, ob zwischen den verschiedenen Steuerhinterziehungen Tateinheit oder Tatmehrheit besteht. Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO ("je Tat") und dem Willen des Gesetzgebers.
Rz. 16
Bei der Betragsgrenze von 25.000 EUR handelt es sich um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag, sodass es keinen Toleranzbereich für Überschreitungen der Betragsgrenze gibt. Auch im Fall eines lediglich geringen Überschreitens ist § 398a AO auf den gesamten Betrag anwendbar und nicht etwa nur auf den 25.000 EUR übersteigenden Betrag.
Maßgeblich ist insoweit allein der Betrag der verkürzten Steuer, die Verkürzung steuerlicher Nebenleistungen ist nicht einzubeziehen.
Etwas anderes gilt hingegen für die Einbeziehung des Solidaritätszuschlags, bei dem es sich zwar um eine andere Steuerart handelt, der aber eine Annexsteuer zur ESt darstellt. Eine gesonderte Hinterziehung des Solidaritätszuschlags ist folglich gar nicht möglich, sondern es besteht immer ein Zusammenhang mit der Hinterziehung der ESt in dem jeweiligen Besteuerungszeitraum. Folglich ist der Solidaritätszuschlag bei der Bestimmung der 25.000 EUR-Grenze einzubeziehen.
Rz. 17
Für die Ausschlussregelung des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO ist allein die verkürzte Steuer maßgeblich, wie sie sich aufgrund des Ermittlungsergebnisses nach § 370 Abs. 4 AO errechnet. Unerheblich ist der für die Strafzumessung maßgebliche tatsächliche steuerliche Schaden was sich seit dem AOÄndG 2015 auch aus dem Gesetzestext des § 398a Abs. 2 AO ergibt, denn eine abweichende Berechnung der Grenze zwischen § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO und § 398a AO wäre s...