4.1 Außerachtlassung des Gesetzes- oder Sittenverstoßes
Rz. 8
Da die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit für die Besteuerung unerheblich ist, entsteht die Steuer unabhängig von der rechtlichen oder sittlichen Bewertung der der Tatbestandsverwirklichung zugrunde liegenden Vorgänge. Dies gilt nicht nur zulasten, sondern auch zugunsten des Stpfl. Der Gesetz- oder Sittenverstoß bleibt daher nicht nur bei steuerbegründenden, sondern auch bei damit in Zusammenhang stehenden steuermindernden Tatbestandsmerkmalen außer Betracht. Dabei spielt es grds. keine Rolle, ob sich die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit aus den steuerbegründenden oder den steuermindernden Umständen oder aus beiden ergibt. Daher ist ein Vermögensschaden, den ein Arbeitnehmer im Rahmen eines illegalen Geldgeschäfts erleidet, das er in Erwartung einer späteren Verkaufsprovision (=Arbeitslohn) abgeschlossen hat, ebenso als Werbungskosten abziehbar wie der auf einem Verstoß gegen Verkehrsvorschriften beruhende Unfallschaden auf einer beruflich veranlassten Fahrt. Und ein steuerehrlicher Hehler brauchte nicht nur die Erlöse aus der Veräußerung des Diebesguts als Betriebseinnahmen zu erfassen, sondern könnte auch die Aufwendungen für dessen Erwerb als Betriebsausgaben abziehen.
Wegen der Unerheblichkeit des Gesetzes- oder Sittenverstoßes sind die darauf beruhenden Einkünfte auch bei der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen nach § 37 Abs. 3 S. 1 und 2 EStG zu berücksichtigen. Ein Zwang oder eine Veranlassung zur Fortsetzung des gesetz- oder sittenwidrigen Verhaltens geht davon schon deshalb nicht aus, weil der Stpfl. bei Aufgabe seines Verhaltens die Anpassung der Vorauszahlungen gem. § 37 Abs. 3 S. 3 EStG beantragen kann.
4.2 Ausnahmen von der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen
4.2.1 Spezialgesetzliche Abzugsverbote
Rz. 9
Zum Teil schließen die Einzelsteuergesetze den Abzug von auf Gesetzesverstößen beruhenden Aufwendungen ausdrücklich aus. Diese Vorschriften gehen § 40 AO als Sonderregelungen vor.
Nach § 4 Abs. 5 Nr. 8 und § 9 Abs. 5 S. 1 EStG dürfen Geldbußen, Ordnungs- und Verwarnungsgelder grds. nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Das Abzugsverbot für Geldbußen gilt allerdings nicht, soweit diese der Abschöpfung des durch den Gesetzesverstoß erlangten wirtschaftlichen Vorteils dienen und die darauf entfallenden Steuern vom Einkommen und Ertrag bei der Bemessung der Geldbuße nicht abgezogen worden sind. Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass mit dem verfassungsrechtlichen Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit weder eine Regelung vereinbar ist, die dem Täter seinen Gewinn sowohl unter ordnungswidrigkeitsrechtlichen als auch unter steuerrechtlichen Gesichtspunkten voll belässt, noch eine Regelung, welche die vollständige Abschöpfung nach ordnungswidrigkeitsrechtlichen Grundsätzen mit einer zusätzlichen steuerrechtlichen Belastung verbindet. Der Abschöpfungsanteil muss ggf. geschätzt werden. Der zur Bemessung von Geldbußen für Kartellverstöße nach Art. 23 Abs. 3 EGV 1/2003 zu errechnende Grundbetrag enthält keinen Abschöpfungsteil. Auch die bloße Heranziehung des tatbezogenen Umsatzes zur Ermittlung der Höhe einer Kartellgeldbuße bewirkt keine Abschöpfung des unrechtmäßig erlangten wirtschaftlichen Vorteils. Nicht unter das Abzugsverbot des § 4 Nr. 8 EStG fällt die Übernahme von Geldbußen, die gegen Arbeitnehmer im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit verhängt wurden, durch den Arbeitgeber. Dieser kann die entsprechenden Zahlungen deshalb als Betriebsausgaben abziehen. Die Auffassung, dass die Übernahme der Bußgelder wegen eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers nicht zu Arbeitslohn führt, hat der BFH inzwischen aufgegeben.
Nach § 4 Abs. 5 Nr. 8a und § 9 Abs. 5 S. 1 EStG dürfen Zinsen auf hinterzogene Steuern nach § 235 AO nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Dies gilt auch für Zinsen auf hinterzogene Zölle. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 10 und § 9 Abs. 5 S. 1 EStG dürfen die Zuwendung von Vorteilen und damit zusammenhängende Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafges...