4.1 Allgemeines
Rz. 14
Der Verfahrensabschluss durch einen Antrag nach § 401 AO ist eine besondere Form der Beendigung des Strafverfahrens. Antragsbefugt ist die Finanzbehörde, wenn sie das Verfahren in eigener Zuständigkeit führt, der Antrag nach § 76a StGB zulässig ist und nach dem Ermittlungsstand mit einer Anordnung durch das Gericht zu rechnen ist. Innerhalb der Finanzbehörde ist die Bußgeld- und Strafsachenstelle zuständig, nicht aber die Steuerfahndung.
Rz. 15
§ 401 AO räumt der Finanzbehörde Ermessen ("kann den Antrag stellen") ein, ob, und wenn ja, wie sie eine selbstständige Nebenfolge beantragen will. Dies gilt sowohl bezüglich des Entschließungsermessens als auch in Hinsicht auf das Auswahlermessen, also ob sie überhaupt einen Antrag stellen will und – wenn ja – in welchem Umfang. Die Finanzbehörde muss erkennen lassen, dass sie vor Antragstellung ihr Ermessen ausgeübt hat. Bei der Ermessensausübung lässt sich die Finanzbehörde von einem objektiven Bedürfnis an Einziehung oder Verbandsgeldbuße leiten. Dabei berücksichtigt sie die Folgen der Tat und wägt diese mit dem Aufwand ab, der mit der Verfahrensdurchführung verursacht wird. Ferner ist bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen, ob bereits Steuern bestandskräftig festgesetzt sind. Weitere Voraussetzungen regelt § 401 AO nicht. Diese ergeben sich vielmehr aus der Zusammenschau mit weiteren Vorschriften, insbesondere § 435 Abs. 1 und 444 Abs. 3 StPO. Darüber hinaus sind gem. § 385 Abs. 1 AO die allgemeinen Gesetze, insbesondere die StPO und das StGB anzuwenden.
Rz. 16
Die Finanzbehörde kann ihren Antrag solange zurück nehmen, bis es zur Anberaumung einer Hauptverhandlung kommt. Ab diesem Zeitpunkt geht die Zuständigkeit auf die Staatsanwaltschaft über. Somit ist für die Finanzverwaltung die Frage nicht relevant, ob eine Antragsrücknahme noch im Rahmen der Hauptverhandlung möglich ist oder ob dies wegen einer entsprechenden Anwendung des § 156 StPO ausgeschlossen ist.
Rz. 17
Der Antrag im objektiven Verfahren entspricht der Anklageerhebung und ist daher unabdingliche Voraussetzung für das Verfahren. Der notwendige Inhalt des Antrags der Finanzbehörde ergibt sich aus § 200 StPO und aus § 440 Abs. 2 StPO. Wie bei der Anklage kommt es auf eine präzise und unverwechselbare Bezeichnung des Täters sowie des einzuziehenden bzw. für verfallen zu erklärenden Gegenstands an. Im Falle des Antrags auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße sind die dafür erforderlichen Voraussetzungen darzustellen, insbesondere ist darzustellen, dass und in welcher Form die Anknüpfungstat verwirklicht worden ist. Der Antrag muss darüber hinaus eine Begründung für die Anwendung des objektiven Verfahrens anstelle des subjektiven Verfahrens enthalten.
4.2 Zuständiges Gericht
Rz. 18
Das selbstständige Verfahren muss bei dem örtlich und sachlich zuständigen Gericht beantragt werden. Die örtliche Zuständigkeit folgt i. d. R. der Zuständigkeit des Landgerichts der Finanzbehörde, die sich ihrerseits aus §§ 385 Abs. 1, 388–390 AO ergibt. Eine weitere örtliche Zuständigkeit ergibt sich für die Einziehung aus § 441 Abs. 1 S. 2 StPO, wonach auch das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Gegenstand sichergestellt worden ist. Im Falle des Antrags der Finanzbehörde auf Verhängung einer Verbandsgeldbuße im objektiven Verfahren normiert § 444 Abs. 3 S. 2 StPO mit dem Sitz oder der Zweigniederlassung des Verbandes einen weiteren Gerichtsstand.
Die sachliche Zuständigkeit richtet sich danach, welches Gericht im Falle einer Anklage für die Sache zuständig wäre und liegt im Falle der Zuständigkeit der Finanzbehörde regelmäßig beim Strafrichter des Amtsgerichts. Bei einer Straferwartung von mehr als vier Jahren oder bei besonderem Umfang oder besonderer Bedeutung der Sache hat die Finanzbehörde den Antrag folglich beim Landgericht zu stellen. Freilich werden diese Fälle in der Praxis eher selten sein, da die Finanzbehörde schon frühzeitig im Ermittlungsverfahren prüfen muss, ob die S...