2.1 Rechtsgeschäfte
Rz. 11
Rechtsgeschäfte bestehen aus einer oder mehreren Willenserklärungen, die allein oder in Verbindung mit anderen Tatbestandsmerkmalen die von den Beteiligten gewollte Rechtsfolge herbeiführen. Willenserklärung ist die Äußerung eines auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichteten Willens, die in der Begründung, inhaltlichen Änderung oder Beendigung eines privaten Rechtsverhältnisses besteht. Der Begriff des Rechtsgeschäfts ist durch Abstraktion aus den in der Rechtsordnung normierten Akttypen gebildet. Nach der Zahl der das Rechtsgeschäft konstituierenden Willenserklärungen werden einseitige und mehrseitige Rechtsgeschäfte unterschieden. Einseitige Rechtsgeschäfte können aus empfangsbedürftigen Willenserklärungen oder nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen bestehen. Unter den mehrseitigen Rechtsgeschäften sind Verträge am bedeutsamsten. Es kann sich dabei um Verpflichtungs- oder Verfügungsgeschäfte auf dem Gebiet des Schuldrechts, um Einigungen über Rechtsänderungen auf dem Gebiet des Sachenrechts oder um Vereinbarungen über familien- oder erbrechtliche Verhältnisse handeln. Nach der Art der mit ihnen verbundenen Rechtswirkungen werden Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte unterschieden. Verpflichtungsgeschäfte sind Rechtsgeschäfte, durch die eine Vertragspartei eine Leistungspflicht gegenüber einer anderen übernimmt. Verfügungsgeschäfte sind Rechtsgeschäfte, die unmittelbar darauf gerichtet sind, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, indem dieses inhaltlich verändert, belastet, übertragen oder aufgehoben wird.
Für Rechtsgeschäfte, die eine Vermögensverschiebung zwischen den Parteien bezwecken, ist die Unterscheidung zwischen kausalen und abstrakten Rechtsgeschäften von Bedeutung. Kausal sind solche Rechtsgeschäfte, die die Vereinbarung über den Rechtsgrund in sich schließen. So verhält es sich z. B. bei gegenseitigen Verträgen, bei denen beide Parteien mit der Übernahme der eigenen Leistungspflicht die Erlangung des Anspruchs auf die Gegenleistung bezwecken. Abstrakt sind solche Rechtsgeschäfte, bei denen sich der Rechtsgrund nicht aus dem Geschäft selbst ergibt. Paradigma ist die Übereignung einer beweglichen Sache nach § 929 BGB. Nach dem Abstraktionsprinzip ist die Wirksamkeit des abstrakten Verfügungsgeschäfts von der Wirksamkeit des Grundgeschäfts unabhängig.
Keine Rechtsgeschäfte sind sog. geschäftsähnliche Handlungen. Darunter werden auf einen bestimmten tatsächlichen Erfolg gerichtete Erklärungen verstanden, an die das Gesetz unabhängig vom Willen des Erklärenden Rechtswirkungen knüpft, z. B. die Mahnung, die unter den Voraussetzungen des § 286 Abs. 1 S. 1 BGB den Verzug des Schuldners begründet. Auf geschäftsähnliche Handlungen finden die zivilrechtlichen Vorschriften über Willenserklärungen zumeist entsprechende Anwendung. Auch im Hinblick auf § 41 Abs. 1 AO wird in der Literatur zum Teil eine Gleichstellung der geschäftsähnlichen Handlungen mit Rechtsgeschäften befürwortet. Dies dürfte allerdings kaum von praktischer Bedeutung sein, weil sich die mit ihnen verbundenen Rechtsfolgen (z. B. Verzugseintritt infolge Mahnung) auf Rechtsverhältnisse beziehen, die ihrerseits ohnehin in den Anwendungsbereich des § 41 Abs. 1 AO fallen.
Keine Anwendung findet § 41 Abs. 1 AO auf Realakte. Dies gilt auch dann, wenn das Gesetz – wie z. B. in den Fällen der Entnahme oder Einlage – daran steuerliche Konsequenzen knüpft.
2.2 Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts
2.2.1 Überblick
Rz. 12
Die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts beurteilt sich nach den dafür geltenden zivilrechtlichen Vorschriften. Unwirksam ist ein Rechtsgeschäft, wenn es die mit ihm bezweckten Rechtswirkungen nicht, nicht sofort oder nicht uneingeschränkt herbeizuführen vermag. Al...