2.5.1.1 Allgemeines
Rz. 40
Nach § 41 Abs. 1 S. 1 AO ist die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts in dem sachlichen und zeitlichen Umfang des Eintreten- und Bestehenlassens seines wirtschaftlichen Ergebnisses für die Besteuerung unerheblich. Dies bedeutet, dass es auf die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht ankommt. Soweit die Besteuerung nicht an das Rechtsgeschäft als solches, sondern allein an das darauf beruhende tatsächliche Verhalten der Beteiligten anknüpft, ergibt sich diese Rechtsfolge unabhängig von § 41 Abs. 1 S. 1 AO bereits aus dem jeweiligen Einzelsteuertatbestand. Anders verhält es sich hingegen, wenn der Steuertatbestand auf das Rechtsgeschäft als solches Bezug nimmt. In diesen Fällen hat die Unerheblichkeit zur Folge, dass das unwirksame Rechtsgeschäft für Besteuerungszwecke wie ein wirksames behandelt wird.
2.5.1.2 Einzelfälle
Rz. 41
Wird eine unwirksame Verfügung von Todes wegen ausgeführt, ist das wirtschaftliche Ergebnis dieses Vollzugs erbschaftsteuerrechtlich zu beachten, wenn die Ausführung der Verfügung auf der Beachtung des von dem Begünstigten und dem Belasteten anerkannten erblasserischen Willens beruht. Dies gilt auch dann, wenn die Verfügung nur teilweise ausgeführt wird. Ein formunwirksames Vermächtnis ist danach erbschaftsteuerrechtlich zu erfassen, wenn feststeht, dass der Beschwerte die Rechtshandlungen, die sich als Erfüllung dieses Vermächtnisses darstellen, mit dem Willen vorgenommen hat, dem (formunwirksam) geäußerten letzten Willen des Erblassers zu entsprechen. Steuerrechtliche Folgen können aus einem formnichtigen Testament aber erst dann und auch nur insoweit gezogen werden, als es vollzogen wird. Bei einem formunwirksamen Vermächtnis ist dieses der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn der Beschwerte dem Begünstigten das diesem zugedachte Vermögen überträgt. Überträgt hingegen ein Miterbe seinen Anteil am Nachlass auf einen Dritten, ohne dass dies auf einer wenn auch unwirksamen Willensäußerung des Erblassers beruht, wirkt sich dies auf die festzusetzende Erbschaftsteuer nicht aus.
Ein unvollständiger beurkundeter Grundstücksvertrag, der den Anschein eines wirksamen Geschäfts erweckt und den Eigentumswechsel als eintretbar erscheinen lässt, kann nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegen, wenn die Beteiligten ihren Erklärungen gemäß auf die Erfüllung hinwirken. Der Grunderwerbsteueranspruch entsteht dabei im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts und der Höhe nach so, wie wenn das unwirksame Rechtsgeschäft seinem ganzen Inhalt nach gültig wäre. Ein formunwirksamer "atypischer" Maklervertrag kann ein Rechtsvorgang sein, der es einem anderen i. S. d. § 1 Abs. 2 GrEStG rechtlich oder wirtschaftlich ermöglicht, ein Grundstück "auf eigene Rechnung zu verwerten".
Die Formunwirksamkeit einer Treuhandvereinbarung über einen GmbH-Anteil steht einer Zurechnung i. S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO nicht entgegen, wenn nach dem Inhalt der formunwirksamen Abreden der Treugeber einerseits alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögensrechte und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann und andererseits die Vertragsparteien die in dem formunwirksamen Vertrag getroffenen Vereinbarungen nachweislich in vollem Umfang tatsächlich durchgeführt haben.
Gutschriften auf einem Wertguthabenkonto zur Finanzierung eines vorzeitigen Ruhestands sind auch bei Unwirksamkeit der Wertguthabenvereinbarung kein gegenwärtig zufließender Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber über viele Jahre Teile des vertraglich vereinbarten Arbeitslohns nicht an der Arbeitnehmer auszahlt, sondern in die von ihm abgeschlossene Zeitkontenrückdeckungsversicherung mit Garantie einzahlt.
Der gesellschaftsvertraglich festgelegten Gewinnverteilung ist steuerrechtlich auch dann zu folgen, wenn die durchgeführte Gewinnverteilungsabrede rechtlich angreifbar wäre, weil ihr die Gesellschafter fehlerhafte Tatsachen oder Rechtsansichten zugrunde gelegt haben.
Ein als Nutzung (Zins) eines bestimmten Kapitals vereinbarter Betrag bleibt auch dann ein steuerbarer Kapitalertrag, wenn die vermeintliche zivilrechtliche Rechtsgrundlage nicht gegeben ist.
An den Stpfl. ausgezahlte Kapitalerträge sind diesem auch dann zugeflossen, wenn er auf sie keinen Anspruch hatte.
Die Gutschrift in den Büchern des Schuldners führt beim Gläubiger auch dann zu einem Zufluss, wenn dem Schuldner ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht, dieser sich aber erkennbar auf zivilrechtliche Einwendungen und Einreden gegen die Forderung des Gläubigers nicht berufen will.
Für die Annahme einer Mitunternehmerschaft und eines Gesellschaftsverhältnisses ist es nicht erforderlich, dass der als Gesellschaftsvertrag zu qualifizierende Vertragsabschluss allen formellen Anforderungen des Zivilrechts genügt. Auch bei einer fehlerhaft zustande gekommenen Gesellschaft handelt es sich zivilr...