Rz. 140
Werden alte Aktien mit Dividendenanspruch veräußert und von dem Erwerber kurz darauf junge Aktien derselben Gesellschaft ohne Dividendenanspruch an den Veräußerer der alten Aktien verkauft, ist auch nach Aufhebung des § 50c Abs. 8 S. 2 EStG kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. Der Erwerber erlangt nämlich anders als beim Wertpapierpensionsgeschäft bei der Veräußerung wirtschaftliches Eigentum an den alten Aktien.
Die kurzfristige Einlage von Geld stellt einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts dar, wenn sie allein dazu dient, die Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG i. d. F. vor dem SteuerÄndG 2001 nicht abziehbarer Schuldzinsen zu umgehen.
Schließt eine Personenhandelsgesellschaft eine Lebensversicherung auf das Leben eines Angehörigen eines Gesellschafters ab, um Mittel für die Tilgung betrieblicher Kredite anzusparen, liegt darin kein Gestaltungsmissbrauch, weil damit keine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wurde, sondern eine solche, die die Möglichkeit versprach, Kapital zu besonders günstigen Bedingungen anzusparen und im Zeitpunkt der Fälligkeit der Darlehen zur Rückzahlung zu verwenden.
Eine unangemessene Gestaltung liegt nicht vor, wenn in beteiligungsidentischen Schwesterpersonengesellschaften gleichartige Tätigkeiten ausgeübt werden, um ein Überschreiten der Grenzen des § 141 Abs. 1 AO zu vermeiden. Da die originär steuerrechtliche Buchführungspflicht die Personengesellschaft betrifft, ist es nicht möglich, die Betriebe verschiedener Personengesellschaften zu einem "einzelnen Betrieb" i. S. des § 141 Abs. 1 AO zusammenzufassen.
Die Einbringung eines Grundstücks in eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gegen Übernahme einer privaten Verbindlichkeit des einbringenden Gesellschafters stellt nicht deshalb einen Gestaltungsmissbrauch dar, weil damit privat veranlasste Aufwendungen in den Bereich der Einkunftserzielung verlagert werden.
Die einvernehmliche Herabsetzung des "ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" für künftige Lohnzahlungszeiträume unter steuerbegünstigtem Ausgleich dieser Minderung durch verwendungsgebundene Zusatzleistungen i. S. v. § 40 Abs. 2 EStG stellt keinen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar, weil der Arbeitgeber lediglich von der gesetzlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, bestimmte begünstigte Lohnleistungen zu pauschalieren.
Da bei einer Gewinnermittlung nach § 5a EStG der pauschal ermittelte Betrag Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen unabhängig von der Beteiligungsdauer umfasst, stellt die Nutzung der Abgeltungswirkung für Veräußerungsgewinne nach kurzer Beteiligungsdauer keinen Gestaltungsmissbrauch dar.