Rz. 12
Nach § 44 Abs. 1 S. 1 AO sind Personen Gesamtschuldner, wenn sie nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder wenn sie zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind. Da unter den Tatbestand des "nebeneinander dieselbe Leistung schulden oder für sie haften" auch der Fall zu subsumieren ist, dass mehrere Personen dieselbe Leistung entweder schulden oder für sie haften (Rz. 10), lassen sich vier Fallgruppen der Gesamtschuld unterscheiden. Gesamtschuldner sind danach
- Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden;
- Personen, die nebeneinander für dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis haften;
- Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis entweder schulden oder für sie haften, und
- Personen, die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind.
2.2.1 Mehrere Schuldner
Rz. 13
Dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis wird von mehreren Personen entweder aufgrund gemeinsamer Tatbestandsverwirklichung oder aufgrund gemeinsamer Festsetzung nebeneinander geschuldet.
Durch gemeinsame Tatbestandsverwirklichung entsteht eine Gesamtschuld, wenn mehrere Personen den Tatbestand erfüllen, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. So wird die Schenkungsteuer nach § 20 Abs. 1 ErbStG von dem Erwerber und dem Schenker, die Grunderwerbsteuer nach § 13 Nr. 1 GrEStG von allen an dem Erwerbsvorgang Beteiligten und die Grundsteuer nach § 10 Abs. 2 GrStG von allen Personen geschuldet, denen der Steuergegenstand bei der Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet worden ist. Bei der Zollanmeldung durch einen indirekten Zollvertreter, der im eigenen Namen, aber für Rechnung einer anderen Person handelt, ist neben dem Anmelder auch die Person Zollschuldner, in deren Auftrag die Zollanmeldung abgegeben wird.
Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge durch Erbfall gehen die Verpflichtungen aus dem Steuerschuldverhältnis auf den Erben über. Mehrere Erben haben für die in der Person des Erblassers entstandene Steuerschuld nach §§ 1967, 2058 BGB als Gesamtschuldner einzustehen.
Eine Gesamtschuld aufgrund gemeinsamer Tatbestandsverwirklichung liegt auch vor, wenn mehrere Personen nach § 37 Abs. 2 AO zur Erstattung ein- und desselben Betrags verpflichtet sind. Dies ist bei der Rückforderung eines Guthabens aus der Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer der Fall, wenn es auf ein gemeinschaftliches Konto der Eheleute oder nach § 36 Abs. 4 S. 3 EStG mit befreiender Wirkung auf das Konto eines der Ehegatten ausgezahlt wurde. Das Gleiche gilt bei der Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen. Nach § 37 Abs. 2 S. 3 AO richtet sich der Erstattungsanspruch in diesen Fällen auch gegen den Abtretenden, Verpfänder oder Pfändungsschuldner.
Rz. 14
Kein Fall der Gesamtschuld aufgrund gemeinsamer Tatbestandsverwirklichung liegt vor, wenn mehrere Personen den Steuertatbestand nicht jeweils für sich, sondern in ihrer Gesamtheit verwirklichen. So verhält es sich, wenn eine Erbengemeinschaft ein in ihrem Gesamthandseigentum befindliches Grundstück veräußert oder wenn eine Personengesellschaft als Unternehmerin der Umsatzsteuer unterliegende Umsätze ausführt oder ein Gewerbe betreibt. Allerdings haften die Gesellschafter nach Bürgerlichem Recht für die Schuld der Gesellschaft.
Erwerben mehrere Personen gemeinsam ein Grundstück zu ideellen Anteilen, so sind sie nicht Gesamtschuldner der Grunderwerbsteuer, weil jede nur den auf sie entfallenden Bruchteil erwirbt. Ebenso verhält es sich beim Erwerb des Anteils des verstorbenen Ehegatten oder Lebenspartners am Gesamtgut einer fortgesetzten Erbengemeinschaft durch die anteilsberechtigten Abkömmlinge. Die Abkömmlinge sind nur im Verhältnis der auf sie entfallenden Anteile Steuerschuldner, insoweit allerdings Gesamtschuldner mit dem überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner, der für den gesamten Steuerbetrag Steuerschuldner ist.
Rz. 15
Säumniszuschläge sind keine unmittelbare Folge der gemeinsamen Tatbestandsverwirklichung, sondern knüpfen an die Nichtentrichtung der Steuer bis zum Ablauf des Fälligkeitstages an, wobei die Säumnis nicht eintritt, bevor die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist. Ob und ggf. wann diese Voraussetzungen eingetreten sind, hängt von den Verhältnissen in der Person des jeweiligen Gesamtschuldners ab. Sind mehrere Gesamtschuldner säumig, entstehen Säumniszuschläge gegenüber jedem von ihnen. Insgesamt ist jedoch kein höherer Säumniszuschlag zu entrichten als verwirkt worden wäre, wenn die Säumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten wäre. Damit wird das in Bezug auf den Steueranspruch bestehende Gesamtschuldverhältnis der Sache nach auf die Säumniszuschläge erstreckt.
Rz. 16
Nachforderungszinsen entstehen bei Gesamtschuldnerschaft für die Steuern gegenüber allen Gesamtschuldnern. Das Gleiche gilt für Hinterziehungszinsen, soweit die Steuern zum Vorteil mehrerer Gesamtsch...