3.1 Anzeige als Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung
Rz. 27
Nach § 46 Abs. 2 AO wird die Abtretung jedoch erst wirksam, wenn sie der Gläubiger in der nach Abs. 3 vorgeschriebenen Form der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt. Die Verwendung des Worts "jedoch" bringt zum Ausdruck, dass die Regelung des Abs. 2 eine Abweichung von den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Abtretung begründet, auf die der vorhergehende Abs. 1 verweist.
Auch nach bürgerlichem Recht kann die Anzeige der Abtretung bzw. die durch sie vermittelte Kenntnis des Schuldners von dem Vorgang zwar unter verschiedenen Gesichtspunkten von Bedeutung sein. Die Wirksamkeit der Abtretung selbst hängt aber nicht von ihrer Anzeige an den Schuldner ab.
Demgegenüber ist die Anzeige bei den unter § 46 Abs. 1 AO fallenden Ansprüchen Tatbestandsmerkmal und somit materiell-rechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung der Abtretung. Dies gilt auch bei Abtretungen, die notariell beurkundet oder zu gerichtlichem Protokoll erklärt werden oder im Rahmen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen erfolgen. Nicht schon mit Abschluss des Abtretungsvertrags, sondern erst mit der Anzeige tritt der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Dies gilt nicht nur im Verhältnis zur Finanzbehörde, sondern auch im Verhältnis zwischen dem bisherigen und dem neuen Gläubiger sowie in deren Verhältnis zu Dritten. Bis zur Anzeige der Abtretung bleibt der bisherige Gläubiger daher uneingeschränkt verfügungsberechtigt.
Dies ist insbesondere für den Fall von Bedeutung, dass er mehrfach über die Forderung verfügt, diese z. B. wiederholt abtritt oder verpfändet oder zunächst abtritt und dann verpfändet. Für die nach dem Grundsatz der zeitlichen Priorität zu beurteilende Frage, welche dieser Verfügungen wirksam ist bzw. in welchem Rangverhältnis die dadurch begründeten Rechte zueinander stehen, kommt es nicht darauf an, wann die entsprechenden Rechtsgeschäfte abgeschlossen, sondern wann sie angezeigt wurden.
Rz. 28 einstweilen frei
3.2 Anzeige durch den Gläubiger
Rz. 29
Die Anzeige muss durch den Gläubiger erfolgen. Gläubiger in diesem Sinne kann nur der Abtretende als bisheriger Inhaber der Forderung sein, weil der Abtretungsempfänger erst mit der Erstattung der Anzeige in dessen Rechtsstellung eintritt. Für die Anzeige durch den Gläubiger erforderlich und ausreichend ist, dass dieser die Anzeige wissentlich und willentlich zur Bekanntgabe aus der Hand gegeben hat. Die Anzeige einer Abtretung durch den Abtretungsempfänger ist unwirksam. Der Gläubiger kann sich aber bei seiner Anzeige des Abtretungsempfängers oder einer anderen Person als Vertreter oder Bote bedienen. Aus einer formgerechten, vom Gläubiger (Abtretenden) unterschriebenen Abtretungsanzeige auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck, die der Abtretende dem Abtretungsempfänger wissentlich und willentlich überlässt, kann im Regelfall auf die Bevollmächtigung des Abtretungsempfängers zur Übermittlung der Abtretungsanzeige an das FA geschlossen werden. Eine durch den Abtretungsempfänger zunächst ohne Vertretungsmacht vorgenommene Abtretungsanzeige an das FA kann vom Abtretendenden rückwirkend gem. § 180 Satz 2 BGB i. V. m. §§ 177, 184 Abs. 1 BGB genehmigt werden. Diese Genehmigung kann nicht mehr widerrufen werden. Steht der abgetretene Erstattungsanspruch mehreren Personen gemeinschaftlich zu, müssen alle an der Erstattung der Anzeige mitwirken. Fehlt in der Abtretungsanzeige, nach der die Erstattungsansprüche von Ehegatten aus der ESt-Veranlagung abgetreten worden sind, die Unterschrift eines Ehegatten, steht dies der Wirksamkeit der Abtretung des Erstattungsanspruchs desjenigen Ehegatten, der die Anzeige unterschrieben hat, nicht entgegen, weil die Ehegatten nicht als Gesamtgläubiger des Erstattungsanspruchs anzusehen sind.
Die Abtretung eines zur Insolvenzmasse gehörenden Erstattungsanspruchs, die dem FA nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abtretenden angezeigt worden ist, ist nur wirksam, wenn die Mitwirkung des Insolvenzverwalters als Verfügungsberechtigter aus der Abtretungsanzeige ersichtlich ist. Die sich aus der Nichtbeachtung dieses Mitwirkungserfordernisses ergebende Unwirksamkeit der Anzeige wird nicht durch die Beendigung des In...