5.1 Allgemeines
Rz. 18
Der Zweckkatalog des § 52 Abs. 2 S. 1 AO ist durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements neu gefasst worden. Dabei wurden im Wesentlichen die zuvor in Abschnitt A Anlage 1 zu § 48 EStDV a. F. enthaltenen spendenbegünstigten Zwecke übernommen. Der Katalog ist dem Grunde nach abschließend; aus der Streichung des Wortes "insbesondere" im Einleitungssatz folgt, dass es sich – anders als nach früherer Rechtslage – nicht um eine exemplarische Aufzählung handelt. Eine Öffnungsklausel enthält lediglich S. 2 der Vorschrift (s. Rz. 52).
Der Katalog des Abs. 2 S. 1 ist nicht konstitutiv, d. h. eine Tätigkeit ist nicht allein deshalb gemeinnützig, weil die Tätigkeit in den Katalog aufgenommen worden ist. Das ergibt sich aus dem Eingangssatz des Abs. 2, wonach die im Katalog aufgeführten Tätigkeiten nur "unter den Voraussetzungen des Abs. 1" eine Förderung der Allgemeinheit darstellen. Es ist daher in jedem konkreten Einzelfall zu prüfen, ob die fragliche Tätigkeit in der konkreten Ausgestaltung, die sie durch die Körperschaft gefunden hat oder nach der Satzung finden soll, die Allgemeinheit fördert.
Rz. 19
Der Beispielskatalog des Abs. 2 enthält z. T. Überschneidungen mit den mildtätigen Zwecken i. S. d. § 53 AO. Aber auch insoweit hat § 52 AO eine eigenständige Bedeutung, da mildtätige Zwecke nur die Unterstützung von Bedürftigen umfassen, nicht jedoch Aufklärungsarbeit in der Öffentlichkeit usw.
Entsprechendes gilt für Überschneidungen mit den kirchlichen Zwecken, § 54 AO. Hier liegt eine Überschneidung mit § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO (Förderung der Religion) vor; die Förderung der Religion in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO hat dabei ihre wesentliche Bedeutung bei der Förderung nicht kirchenmäßig organisierter Religionsgemeinschaften.
5.2 Katalogzwecke im Einzelnen
Rz. 20
Nr. 1 Die Förderung von Wissenschaft und Forschung
Die Begriffe Wissenschaft und Forschung umfassen jeden nach Inhalt und Form ernsthaften, planmäßigen Versuch zur Ermittlung der Wahrheit. Wissenschaftlich tätig ist, wer schöpferische oder forschende Arbeit leistet oder wer das aus der Forschung hervorgegangene Wissen und Erkennen auf konkrete Vorgänge anwendet. Von wissenschaftlichem Arbeiten kann nur gesprochen werden, wenn grundsätzliche Fragen oder konkrete Vorgänge methodisch in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Sinnzusammenhang gebracht werden. Wissenschaft und Forschung unterscheiden sich von anderen Erkenntnisquellen insbesondere durch ihre Planmäßigkeit, ihre Methode und die objektive Nachvollziehbarkeit der Methode. Wo diese nicht nachvollziehbar ist, fehlt es an der Wissenschaftlichkeit der Wahrheitssuche. Wissenschaftlich tätig ist nicht nur, wer schöpferische oder forscherische Arbeit leistet, sondern auch, wer das aus Wissenschaft und Forschung hervorgegangene Wissen auf konkrete Vorgänge anwendet.
Wissenschaft und Forschung werden vor allem durch die staatlichen und privaten Hochschulen (auch Fachhochschulen) gefördert sowie durch private Forschungseinrichtungen. Jedenfalls müssen diese Einrichtungen aber die Wissenschaft und Forschung zugunsten der Allgemeinheit fördern und selbstlos tätig sein. Dies schließt nach Auffassung des BFH Auftragsforschung aus; richtigerweise kann die Durchführung von Forschungsprojekten gegen Entgelt die Allgemeinheit fördern, wenn der Auftraggeber die Erkenntnisse der Allgemeinheit etwa durch Veröffentlichung zur Verfügung stellt, ohne zugleich ein eigenwirtschaftliches Interesse zu verfolgen. Auftragsforschung kann unter den Voraussetzungen des § 68 Nr. 9 AO ein Zweckbetrieb sein.
Der Begriff der Förderung umfasst auch die bloß materielle Unterstützung von Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, z. B. der Unterhalt von Bibliotheken und Archiven, die Vergabe von Stipendien und ähnlichen Zuschüssen, die einen Anreiz zur wissenschaftlichen Tätigkeit setzen.
Rz. 21
Nr. 2 Die Förderung der Religion
Die Religion wird vorwiegend gefördert durch die Kirchen und andere anerkannte Religionsgemeinschaften. Der Religionsbegriff umfasst zunächst die großen Weltreligionen, jedoch wegen der verfassungsrechtlich angeordneten Neutralität des Staates auch Glaubensprogramme von Vereinigungen wie religiöser Sekten. Religion beinhaltet die Frage nach Gott, nach der Deutung der Welt, nach Lebenssinn und Wert, nach Normen sittlichen Handelns. Ein monotheistischer Glaube oder der Glaube an Götter überhaupt ist aber nicht erforderlich.
Dass der weite Religionsbegriff zur Steuerbegünstigung zweifelhafter Vereinigungen führt, vermeiden die Bedingungen des Abs. 1. So ist der Allgemeinheit nicht gedient, wenn die aufgestellten Glaubenssätze nur das Wohlergehen des Einzelnen im Jenseits im Sinn haben, ohne die Allgemeinheit im Diesseits zu fördern, etwa durch das Werben für Gerechtigkeit und Frieden. Insbesondere die Verwirklichung von Zielen durch Gewalt, die vorrangige Verfolgung wirtschaftlicher Interessen, der Widerspruch zur Wertordnung des Grundgesetzes un...