2.1 Übersicht
Rz. 6
Eine selbstlose Förderung steuerbegünstigter Zwecke erfordert neben der Erfüllung des negativen Tatbestandsmerkmals, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt werden, das Vorliegen der Voraussetzungen der Nr. 1–5.
Die praktisch wichtigste Vorschrift ist dabei Nr. 1. Sie enthält drei Regelungsgegenstände: in S. 1 das Gebot der satzungsgemäßen Mittelverwendung, in S. 2 das Verbot der Zuwendungen an Mitglieder, in S. 3 das Verbot der Unterstützung politischer Parteien. Nr. 2 und 4 behandeln die Verwendung des Ausstattungskapitals im Fall des Ausscheidens von Mitgliedern, der Auflösung oder Aufhebung der Körperschaft. Nr. 3 enthält das Verbot der Zuwendung an Dritte und entspricht damit dem Verbot der Zuwendung an Mitglieder in Nr. 1. Die Nr. 5 legt schließlich fest, dass die gemeinnützige Körperschaft ihre Mittel zeitnah zur Erfüllung der Satzungszwecke einzusetzen hat; die Vorschrift knüpft damit systematisch an das in Nr. 1 enthaltene Gebot zur satzungskonformen Mittelverwendung an.
Der Katalog der Nr. 1–5 vermittelt den Eindruck einer zufälligen Zusammenstellung; ein systematischer Zusammenhang ist in der Aufteilung nicht zu erkennen. So hätte Nr. 1 S. 1 als die wichtigste und grundlegende Vorschrift in einer eigenen Nummer erfasst und um die Regelung zur zeitnahen Mittelverwendung ergänzt werden müssen; auch Nr. 1 S. 3 (politische Parteien) hätte in eine eigene Nr. gehört. Dagegen gehören Nr. 1 S. 2 (Zuwendungen an Mitglieder) und Nr. 3 (Zuwendungen an Dritte) zusammen, ebenso Nr. 2 und Nr. 4 (Grundsatz der Vermögensbindung).
2.2 Satzungsmäßige Mittelverwendung, Nr. 1 S. 1
2.2.1 Übersicht
Rz. 7
Nach Nr. 1 S. 1 dürfen die Mittel der Körperschaft nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Das damit aufgestellte Gebot der satzungsmäßigen Mittelverwendung erfasst alle der Körperschaft zur Verfügung stehenden Mittel ohne Rücksicht darauf, woher sie stammen. Umfasst sind daher im steuerbegünstigten Bereich angesammeltes Vermögen, Vermögen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und eines Zweckbetriebs, aber auch Vermögen, das bereits vor Eintritt der Steuerbegünstigung vorhanden war. Auch die Überschüsse aus der Vermögensverwaltung, aus Zweckbetrieben und steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben müssen für die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwendet werden.
Eine Ausnahme zum Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung für die eigenen Satzungszwecke besteht nur insoweit, als unter bestimmten Voraussetzungen Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften weitergegeben werden oder einer Rücklage zugeführt werden dürfen.
Mittelverwendung ist auch die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die langfristig der Erfüllung der Satzungszwecke dienen sollen. Der Begriff der "Verwendung" erfordert nicht, dass der Körperschaft Aufwand entsteht; die Anschaffung von Anlagevermögen, die bilanziell zunächst zu einem Aktivtausch und erst über die Nutzungsdauer zu Abschreibungen und damit zu Aufwand führt, ist vom Verwendungsbegriff umfasst.
2.2.2 Begriff der "Mittel"
Rz. 8
Unter "Mittel" i. S. d. § 55 Nr. 1 AO sind sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft zu verstehen, allerdings nur solche, die der Körperschaft für ihre satzungsmäßigen Zwecke zur freien Verfügung stehen. Hierunter fallen sowohl die Einkünfte im steuerrechtlichen Sinn als auch sonstige Einnahmen (Spenden, staatliche und private Zuschüsse, Beiträge, Vermögenserträge).
Rz. 9
Eine angemessene Gegenleistung für Leistungen der Mitglieder bei Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen sowie der Ersatz nachgewiesener, angemessener Aufwendungen der Mitglieder im Interesse der steuerbegünstigten Körperschaft verstößt nicht gegen den Grundsatz der satzungsmäßigen Mittelverwendung. Angemessen ist der Aufwendungsersatz immer dann, wenn er sich im Rahmen der steuerlich anzusetzenden Pauschbeträge hält (z. B. Dienstreisen, Kfz-Nutzung). Es ist kein Rechtsmissbrauch nach § 42 AO und damit zulässig, wenn das Mitglied den erhaltenen Betrag anschließend an die Körperschaft spendet oder vor dem Kostenersatz eine Spende leistet, um die Körperschaft finanziell in die Lage zu setzen, den Aufwendungsersatz an ihn zahlen zu können. Verdeckte Gewinnausschüttungen, die die steuerbefreite Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter vornimmt, sind unzulässige Mittelverwendung und verstoßen daher gegen das Gebot der Selbstlosigkeit; das gilt auch, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung nur wegen Verstoßes gegen das formale Gebot der vorherigen, klaren und eindeutigen Vereinbarung mit dem beherrschenden Gesellschafter vorliegt. In gravierenden Fällen ist die Begünstigung des Gesellschafters einer Verwendung des Gesamtvermögens der Körperschaft zu satzungsfremden Zwecken gleichzusetzen mit der Folge, dass die Anerkennung als gemeinnützig rückwirkend für zehn Jahre entfällt.
Rz. 10
Nicht satzungsgemäße Aufwendungen dürfen die verfügbaren Mittel...