2.2.1 Übersicht
Rz. 7
Nach Nr. 1 S. 1 dürfen die Mittel der Körperschaft nur für satzungsgemäße Zwecke verwendet werden. Das damit aufgestellte Gebot der satzungsmäßigen Mittelverwendung erfasst alle der Körperschaft zur Verfügung stehenden Mittel ohne Rücksicht darauf, woher sie stammen. Umfasst sind daher im steuerbegünstigten Bereich angesammeltes Vermögen, Vermögen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und eines Zweckbetriebs, aber auch Vermögen, das bereits vor Eintritt der Steuerbegünstigung vorhanden war. Auch die Überschüsse aus der Vermögensverwaltung, aus Zweckbetrieben und steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben müssen für die steuerbegünstigten Satzungszwecke verwendet werden.
Eine Ausnahme zum Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung für die eigenen Satzungszwecke besteht nur insoweit, als unter bestimmten Voraussetzungen Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften weitergegeben werden oder einer Rücklage zugeführt werden dürfen.
Mittelverwendung ist auch die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die langfristig der Erfüllung der Satzungszwecke dienen sollen. Der Begriff der "Verwendung" erfordert nicht, dass der Körperschaft Aufwand entsteht; die Anschaffung von Anlagevermögen, die bilanziell zunächst zu einem Aktivtausch und erst über die Nutzungsdauer zu Abschreibungen und damit zu Aufwand führt, ist vom Verwendungsbegriff umfasst.
2.2.2 Begriff der "Mittel"
Rz. 8
Unter "Mittel" i. S. d. § 55 Nr. 1 AO sind sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft zu verstehen, allerdings nur solche, die der Körperschaft für ihre satzungsmäßigen Zwecke zur freien Verfügung stehen. Hierunter fallen sowohl die Einkünfte im steuerrechtlichen Sinn als auch sonstige Einnahmen (Spenden, staatliche und private Zuschüsse, Beiträge, Vermögenserträge).
Rz. 9
Eine angemessene Gegenleistung für Leistungen der Mitglieder bei Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen sowie der Ersatz nachgewiesener, angemessener Aufwendungen der Mitglieder im Interesse der steuerbegünstigten Körperschaft verstößt nicht gegen den Grundsatz der satzungsmäßigen Mittelverwendung. Angemessen ist der Aufwendungsersatz immer dann, wenn er sich im Rahmen der steuerlich anzusetzenden Pauschbeträge hält (z. B. Dienstreisen, Kfz-Nutzung). Es ist kein Rechtsmissbrauch nach § 42 AO und damit zulässig, wenn das Mitglied den erhaltenen Betrag anschließend an die Körperschaft spendet oder vor dem Kostenersatz eine Spende leistet, um die Körperschaft finanziell in die Lage zu setzen, den Aufwendungsersatz an ihn zahlen zu können. Verdeckte Gewinnausschüttungen, die die steuerbefreite Kapitalgesellschaft an ihre Gesellschafter vornimmt, sind unzulässige Mittelverwendung und verstoßen daher gegen das Gebot der Selbstlosigkeit; das gilt auch, wenn eine verdeckte Gewinnausschüttung nur wegen Verstoßes gegen das formale Gebot der vorherigen, klaren und eindeutigen Vereinbarung mit dem beherrschenden Gesellschafter vorliegt. In gravierenden Fällen ist die Begünstigung des Gesellschafters einer Verwendung des Gesamtvermögens der Körperschaft zu satzungsfremden Zwecken gleichzusetzen mit der Folge, dass die Anerkennung als gemeinnützig rückwirkend für zehn Jahre entfällt.
Rz. 10
Nicht satzungsgemäße Aufwendungen dürfen die verfügbaren Mittel der Körperschaft nur insoweit mindern, als sie angemessen sind. Da das Gesetz weder absolute noch prozentuale Obergrenzen für das Ausgabeverhalten der Körperschaften enthält, kommt es entscheidend darauf an, ob die Aufwendungen wirtschaftlich sinnvoll sind. Dieses Kriterium muss im Grundsatz jede einzelne Aufwendung für sich erfüllen; so kann z. B. eine steuerschädliche Mittelfehlverwendung vorliegen, wenn zwar die Aufwendungen für Verwaltung und Spendenwerbung insgesamt nicht zu beanstanden, aber einzelne, hierin enthaltene Positionen unangemessen hoch sind. Die Frage, ob eine Aufwendung wirtschaftlich sinnvoll war, hat aus der Sicht der Körperschaft ex ante zu erfolgen.
Rz. 11
Nicht unter den Begriff der "Mittel" i. d. S. fallen auch solche Vermögenswerte, die der Körperschaft von vornherein nicht zur freien Verfügung stehen. Ist der Körperschaft Vermögen unter Nießbrauchsvorbehalt, durch Stiftungsgeschäft unter Auflagen, mit Vermächtnissen belastet usw. zugewendet worden, gelangt das Vermögen insoweit nicht in die freie Verfügungsgewalt der Körperschaft. Die Erfüllung dieser Verpflichtungen verstößt daher nicht gegen den Grundsatz der satzungsgemäßen Mittelverwendung. Entsprechendes gilt, wenn neben positivem Vermögen (z. B. Betriebsvermögen) auch Verbindlichkeiten übertragen worden sind. "Mittel" der Körperschaft ist dann nur das Nettovermögen, d. h. nach Abzug der damit verbundenen Belastungen. Das gilt uneingeschränkt, soweit die Körperschaft hierfür das überlassene Vermögen einsetzt; stattdessen kann sie in gleicher Höhe auch andere Vermögenswerte dazu nut...