Rz. 1
Neben der selbstlosen und ausschließlichen Zweckverfolgung setzt steuerbegünstigtes Handeln voraus, dass die Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke unmittelbar verfolgt, sie also entweder selbst oder durch Einschaltung von Hilfspersonen verwirklicht. Eigenes Wirken der Körperschaft zur Verfolgung ihrer Satzungszwecke liegt vor, wenn sie durch ihre Organe oder durch Angestellte, freie Mitarbeiter oder ehrenamtlich tätige Personen aktiv wird. Die Unmittelbarkeit i. S. eigenen Wirkens ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Körperschaft ihre Zwecke nicht allein, sondern zusammen mit anderen steuerbegünstigten Körperschaften verfolgt. solange sie dabei selbstverantwortlich tätig ist, also die Tätigkeit nicht vollständig den anderen Körperschaften überlässt. "Unmittelbarkeit" bedeutet nicht "allein" oder "alleinverantwortlich"; Mitverantwortlichkeit genügt.
Die Körperschaft ist aber frei darin zu entscheiden, ob sie statt eigener Mitarbeiter Dritte zur Erfüllung ihrer Aufgaben heranzieht ("Hilfspersonen"). Die Zurechnung des Handelns als Hilfsperson als eigenes Handeln der Körperschaft setzt nach Auffassung der Finanzverwaltung voraus, dass die Hilfsperson "nach den Weisungen der Körperschaft einen konkreten Auftrag" ausführt. Zweifelhaft ist, ob es für die Einordnung als Hilfsperson einer vertraglichen Beziehung zwischen Körperschaft und dem Dritten bedarf. Richtigerweise liegt eine Hilfspersonentätigkeit vor, wenn und sobald die Körperschaft einen Dritten einschaltet, damit dieser zur Erfüllung des steuerbegünstigten Satzungszwecks beiträgt; auf eine vertragliche Einbindung oder eine Weisungsabhängigkeit kommt es nicht an.
Nicht erforderlich ist, dass die Hilfsperson nach außen als Hilfsperson im Namen und auf Rechnung der Körperschaft tätig wird; maßgeblich ist das Innenverhältnis zur Körperschaft. Auch wenn das Innenverhältnis auf ein Tätigwerden als Hilfsperson hindeutet, kann eine abweichende Einordnung gerechtfertigt sein. So hat der BFH die Leistungen einer kommunalen Rettungsdienst-GmbH, an der ein Landkreis als alleiniger Gesellschafter beteiligt war, als faktisch unmittelbare Hilfeleistungen gegenüber den Hilfsbedürftigen und nicht nur als Dienstleistungen gegenüber dem Landkreis qualifiziert.
Das Handeln der Hilfsperson kann bei dieser eine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit begründen. Zwar führt das Tätigwerden für die beauftragende Körperschaft allein noch nicht zur Annahme steuerbegünstigten Handelns, da die Hilfsperson zunächst fremde gemeinnützige Zwecke ihres Auftraggebers erfüllt und es deshalb am Merkmal der unmittelbar eigenen Zweckerfüllung fehlt. Wenn die Hilfsperson mit der Tätigkeit zur Unterstützung ihres gemeinnützigen Auftraggebers aber zugleich eigene steuerbegünstigte Zwecke verfolgt – beispielsweise beim arbeitsteiligen Zusammenwirken mehrerer gemeinnütziger Körperschaften zur Verwirklichung eines gemeinnützigen Zwecks –, ist ihr Handeln als unmittelbare eigene Zweckverfolgung einzustufen.
Die Körperschaft kann ihre steuerbegünstigten Zwecke auch im Ausland durch eine Hilfsperson verwirklichen. Zu den damit verbundenen Nachweis- und Beweisvorsorgepflichten vgl. OFD München v. 23.11.2001, S 2223 – 145 St 41, DStR 2002, 806.
Wird mit steuerbegünstigten Mitteln bei Hilfspersonen Vermögen gebildet, ist Unmittelbarkeit nur dann gegeben, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft das unbedingte, rechtlich durchsetzbare und für die ganze Nutzungsdauer des Vermögensgegenstands bestehende Recht hat, über den Vermögensgegenstand zu verfügen (z. B. durch dingliche Belastungen auf einem Grundstück, das auf den Namen der Hilfsperson eingetragen ist).
Rz. 2
Unmittelbarkeit liegt z. B. nicht vor, wenn lediglich Personen durch die Tätigkeit der Körperschaft in die Lage versetzt werden sollen, ihrerseits steuerbegünstigte Zwecke zu verfolgen, ebenso wenig bei Förderung der Allgemeinheit durch Verbesserung der Infrastruktur.
Gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit wird verstoßen, wenn lediglich Vermögensgegenstände an eine steuerbegünstigte Körperschaft verpachtet werden. An der Unmittelbarkeit fehlt es auch bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur durch Industrieansiedlungsgesellschaften. Der Zweck der Verbesserung der Wirtschaftsstruktur wird unmittelbar durch die sich ansiedelnden Unternehmen (die nicht steuerbegünstigt sind) erreicht, die Industrieansiedlungsgesellschaft verfolgt diesen Zweck nur mittelbar durch Verbesserung der Ansiedlungsbedingungen. Aus diesem Grund wurde für Wirtschaftsförderungsgesellschaften eine eigenständige Steuerbefreiung in § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG und § 3 Nr. 25 GewStG geschaffen.
Die Unmittelbarkeit ist dagegen nicht ausgeschlossen, wenn die Körperschaft im gemeinnützigen Bereich Preise verteilt (etwa um Künstler und Wissenschaftler zu unterstützen), und zwar sowohl bei vorheriger Auslobung als auch bei Belohnung bereits abgeschlossener Arbeiten.