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§ 58 Nr. 2 AO erlaubt als weitere Ausnahme vom Gebot der Unmittelbarkeit die teilweise Weitergabe von Mitteln zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke. Empfänger können neben inländischen steuerbegünstigten Körperschaften auch juristische Personen des öffentlichen Rechts und beschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften gem. § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG (EU-/EUR-Staaten) sein. Nicht zulässig ist die Weiterleitung von Mitteln an Körperschaften, die in einem Drittstaat ansässig sind. Die Mittelweitergabe nach Nr. 2 ist ohne entsprechende Satzungsbestimmung zulässig. Von der steuerlichen Zulässigkeit zu unterscheiden ist die Frage der zivilrechtlichen Erlaubnis zur Weitergabe von Mitteln an eine andere Körperschaft; diese ist von den zuständigen Organen gesondert zu prüfen. Anders als bei § 58 Nr. 1 AO müssen die Zwecke der gebenden und der empfangenden Körperschaft sich nicht decken; der steuerbegünstigte Zweck, für den die Mittel von der Empfängerkörperschaft verwendet werden, muss folgerichtig nicht zu den Satzungszwecken der weitergebenden Körperschaft gehören.
Eine Einschränkung besteht allerdings insoweit, als Mittel in Form von Mitgliedsbeiträgen weitergeleitet werden. Hier muss sichergestellt werden, dass Mitgliedsbeiträge, die beim Zuwendenden steuerlich abziehbar waren, auch bei der Weitergabe an eine andere Körperschaft für einen Zweck verwendet werden, der zum Abzug von Mitgliedsbeiträgen berechtigt. Der Nachweis ist z. B. möglich durch eine Kopie des Freistellungsbescheids bzw. der Feststellung nach § 60a AO der Empfängerkörperschaft. Von § 58 Nr. 2 AO erfasst sind nicht nur Mittelweitergaben in Form des Transfers von Geld oder Sachwerten, sondern auch die Gewährung von wirtschaftlichen Vorteilen anderer Art, z. B. die Gewährung zinsgünstiger oder zinsloser Darlehen oder die verbilligte Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen; Voraussetzung ist stets, dass die Gewährung des Vorteils zugunsten der steuerbegünstigten Zwecke der empfangenen Körperschaft erfolgt. Gewinnausschüttungen einer gemeinnützigen GmbH an ihre steuerbegünstigten Anteilseigner sind als Ausnahme zu § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO nach § 58 Nr. 2 AO zulässig. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll dies nur gelten, sofern alle Gesellschafter einer GmbH ihrerseits steuerbegünstigte Körperschaften sind. Richtigerweise muss es genügen, dass nicht steuerbegünstigte Gesellschafter etwa durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen von der Gewinnverteilung ausgeschlossen sind.
Die Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO ist der Höhe nach beschränkt; zulässig ist die "teilweise" Weitergabe von Mitteln. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist "teilweise" gleichzusetzen mit "nicht überwiegend" in dem Sinne, dass maximal eine Weitergabe in Höhe der Hälfte der eigenen Mittel zulässig ist.
Bemessungsgrundlage ist das Nettovermögen (Vermögenswerte abzüglich Verbindlichkeiten) der Körperschaft.
Die Finanzverwaltung stellt bei der Ermittlung der Höhe der weitergabefähigen Mittel auf das Veranlagungsjahr ab. Auf die im Veranlagungszeitraum zeitnah zu verwendenden Mittel soll es nicht ankommen. Richtigerweise ist die Beschränkung auf eine teilweise Weitergabe dahingehend zu verstehen, dass eine Körperschaft ihre Mittel vorrangig für die eigene Zweckverwirklichung einzusetzen hat. Dabei ist eine jahresübergreifende Betrachtung erlaubt. Auch bei Weitergabe aller Mittel in einem Veranlagungszeitraum ist § 58 Nr. 2 AO nicht verletzt, wenn bei einer Mehrjahresbetrachtung die vorrangige Mittelverwendung für die eigenen Zwecke sichergestellt ist.
§ 58 Nr. 2 AO lässt die Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung unberührt: Zeitnah bei der gebenden Körperschaft zu verwendende Mittel sind auch bei der Empfängerkörperschaft zeitnah einzusetzen, während die Weitergabe von im zulässigen Vermögen gehaltenen Mitteln bei der empfangenden Körperschaft ebenfalls in das Vermögen übernommen werden dürfen.