3.4.1 Altmaterialverwertung (Abs. 5)
Rz. 26
Abs. 5 enthält eine Sonderregelung für die Verwertung unentgeltlich erworbenen Altmaterials außerhalb einer ständigen Verkaufsstelle. Die Sammlung und Verwertung von Altmaterial (inkl. Kleidern) zum Zweck der Veräußerung und damit der Erzielung von Einnahmen bildet einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der der vollen USt unterliegt und ertragsteuerpflichtig ist; Basare und ähnliche Einrichtungen sind deshalb nicht begünstigt. Es handelt sich nicht um einen Zweckbetrieb, da die Sammlung und Verwertung von Altmaterial nicht unmittelbar zur Erfüllung der satzungsmäßigen Zwecke erforderlich ist, sondern der Einnahmenerzielung dient.
Die Sammlung des Altmaterials erfolgt häufig durch ehrenamtliche Kräfte, so dass keine Kosten entstehen. Das Gesetz will diesen Einsatz nicht dadurch bestrafen, dass der volle, um Kosten nicht geminderte Gewinn besteuert wird; vielmehr wird nur der (geschätzte) branchenübliche Gewinn, der um Kosten gemindert ist, der Besteuerung zugrunde gelegt.
Die Überschüsse aus der Verwertung des gesammelten Altmaterials werden geschätzt. Zu schätzen ist der branchenübliche Reingewinn, nicht der im konkreten Fall erzielte Reingewinn. Dadurch können auch dann (fiktive) Lohnaufwendungen berücksichtigt werden, wenn im konkreten Fall keine Lohnaufwendungen vorhanden sind. Andererseits sind durch die Schätzung alle tatsächlichen Aufwendungen abgegolten. Grundlage der Schätzung ist die gesonderte Aufzeichnung der Einnahmen. Der branchenübliche Reingewinn wird bei der Verwertung von Altpapier mit 5 % und bei der Verwertung von anderem Altmaterial mit 20 % der Einnahmen angesetzt.
Abs. 5 greift nur ein, wenn die Besteuerungsgrenze des Abs. 3 überschritten ist; anderenfalls fallen auch die Ergebnisse aus dem Altmaterialverkauf unter die Steuerbefreiung.
Rz. 27
Die Schätzung der Ergebnisse ist nicht zwingend; die Körperschaft kann stattdessen auch die Ergebnisse durch Aufzeichnungen ermitteln. Das Wahlrecht greift nur ein, wenn das Altmaterial unentgeltlich erworben worden ist; bei entgeltlichem Erwerb sind die Ergebnisse durch Aufzeichnungen zu ermitteln. Ebenfalls unanwendbar ist die Vorschrift, wenn nicht Altmaterial veräußert wurde. Weihnachts-, Oster- und sonstige Basare fallen daher nicht unter Abs. 5.
Rz. 28
Altkleidersammlungen zu dem Zweck, bedürftige Personen mit diesen Kleidern zu versorgen, sind kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, sondern finden im gemeinnützigen Bereich statt.
3.4.2 Zwecknahe steuerpflichtige Geschäftsbetriebe (Abs. 6)
Rz. 29
Die Vorschrift ist durch das Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 v. 20.12.2000 eingefügt worden.
Die Regelung hat den Zweck, eine Überbesteuerung zu vermeiden, die sich als Konsequenz aus dem BFH-Urteil vom 27.3.1991 zur steuerlichen Nichtberücksichtigung von gemischt veranlassten Aufwendungen ergab. Hiernach waren Aufwendungen, die bei gleichzeitiger Verfolgung wirtschaftlicher und ideeller Tätigkeit entstehen, primär dem steuerbegünstigten Bereich zuzuordnen. Die Urteilsgrundsätze führen für die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe im Vergleich zu einer entsprechenden Tätigkeit gewerblicher Unternehmer tendenziell zu einer Überbesteuerung (vgl. Gesetzesbegründung). Denn während Letztere nach der allgemeinen Regel des § 4 Abs. 4 EStG sämtliche Aufwendungen, die durch die Einnahmeerzielung veranlasst sind, als Betriebsausgaben abziehen können, bleibt dies der gemeinnützigen Einrichtung im Rahmen ihres wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs infolge der teilweisen Überlagerung der ertragsteuerlichen Vorschriften durch die §§ 51ff., 55 AO versagt: Aufwendungen, ohne die keine Einnahmen aus wirtschaftlicher Betätigung zuflössen, können nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden, da sie zwingend auch die steuerbegünstigte Betätigung betreffen, insofern diese unabdingbare Voraussetzung der wirtschaftlichen Betätigung ist.
Rz. 30
Da das Gemeinnützigkeitsrecht grundsätzlich wettbewerbsneutral gestaltet ist, sind weder Begünstigungen noch Benachteiligungen wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe systemgerecht und damit ggf. korrekturbedürftig. Abs. 6 ist eine Korrekturnorm in diesem Sinn und dient der Überwindung der dargestellten tendenziellen Benachteiligung bestimmter wirtschaftlicher Betätigungen steuerbegünstigter Körperschaften.
Rz. 31
Der Gesetzgeber hat hierbei für Betätigungen der Nr. 1–3 eine Benachteiligung ab einem Gewinn von mehr als 15 % der Einnahmen angenommen. Das gewählte Verfahren wirkt weniger abstrakt-generell als einzelfallbezogen und damit hinsichtlich anderer wirtschaftlicher Betätigungen, die in einem ähnlichen Bedingungsverhältnis mit der ideellen Tätigkeit stehen wie die gesetzlich benannten, ungerecht.
Rz. ...