Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
2.1 Eigentümer
Rz. 3
Als Haftender kommt der Eigentümer eines Gegenstands in Betracht, der einem Unternehmen dient und nicht im Eigentum des Unternehmers steht. Steht der Gegenstand im Eigentum des Unternehmers, so schuldet dieser, sodass eine Haftung ausscheidet. Als Eigentümer i. S. d. Vorschrift ist der Vollrechtsinhaber hinsichtlich des Gegenstands zu verstehen, also auch der Gläubiger von Rechten. In der nicht eindeutigen Formulierung der Vorschrift "Eigentümer der Gegenstände" ist der Begriff des Eigentümers zu eng gewählt, nicht dagegen der Begriff des Gegenstands zu weit. Zu den Gegenständen gehören neben den Sachen auch die Rechte. Dazu kann auch das Teileigentum zählen. Da auch diese einem Unternehmen dienen können, ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift davon auszugehen, dass sie in den Haftungsbereich fallen.
Wer als Eigentümer oder Gläubiger (Vollrechtsinhaber) anzusehen ist, richtet sich nach bürgerlichem Recht, § 39 AO ist hier nicht anwendbar. Der Sicherungseigentümer und der Sicherungsgläubiger können daher Eigentümer i. S. d. Vorschrift sein. Die Haftungsvorschrift soll nämlich gerade die die Vollstreckung hindernden Einwendungen ausschalten. Da sicherungsübereignete Sachen in aller Regel dem Unternehmen des Sicherungsgebers weiter dienen, sind sie für die Haftung praktisch auch besonders wichtig. Umgekehrt ist nicht Eigentümer i. S. d. Vorschrift, wer den Gegenstand unter Eigentumsvorbehalt erworben hat und deshalb bisher nur ein Anwartschaftsrecht besitzt.
Rz. 3a
Die Vorschrift verlangt kein Alleineigentum des Haftenden. Wenn sie von einer am Unternehmen wesentlich beteiligten Person spricht, so ist dieses Wort nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmter Artikel gemeint. Bei Miteigentum sind alle Miteigentümer Haftende, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen, vor allem wesentlich beteiligt sind. Sind nicht alle Miteigentümer wesentlich beteiligt, so kommt die Haftung nur mit ihrem Bruchteil am Gegenstand in Betracht. Bei Gesamthandseigentum muss nicht die Gesamthandsgemeinschaft die sonstigen Voraussetzungen wie die wesentliche Beteiligung erfüllen. Es genügt, wenn die einzelnen Gesamthänder dies tun, die Träger des Gesamthandsvermögens sich also ausschließlich aus den am Unternehmen wesentlich beteiligten Personen zusammensetzen. Zu beachten ist, dass eine Vollstreckung in den Gegenstand einen vollstreckbaren Verwaltungsakt gegen die Gesamthandsgemeinschaft oder BGB-Gesellschaft voraussetzt. Ein solcher ist beim Vorhandensein eines oder mehrerer nicht wesentlich beteiligter Personen in der Gestalt eines Haftungsbescheids nach § 74 AO nicht zulässig.
2.2 Dem Unternehmen dienender Gegenstand
2.2.1 Gegenstand
Rz. 4
Unter Gegenstand versteht die Vorschrift nicht nur den körperlichen Gegenstand, sondern auch Rechte und alle anderen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter, die einem Unternehmen dienen können. Die gegenständliche Beschränkung der Haftung (vgl. Rz. 16) macht es allerdings erforderlich, dass als Gegenstand nur solche Wirtschaftsgüter angenommen werden, die der Zwangsvollstreckung zugänglich sind oder werden können. Ist eine Zwangsvollstreckung auf Dauer ausgeschlossen, scheidet eine Haftung aus. Die Belastung von Grundstücken mit Grundpfandrechten (z. B. Grundschulden) steht der Haftung nicht entgegen, wenn das Vorhandensein eines Sonderbetriebsvermögens zu prüfen ist. Das Grundstück muss nur uneingeschränkt und in vollem Umfang für die betrieblichen Zwecke zur Verfügung gestanden haben. Die Haftung betrifft nämlich den Gegenstand und nicht den Wert des Gegenstands.
Als Gegenstand kommen nicht nur Sachen und Rechte, sondern auch Miteigentumsanteile i. V. m. Sondereigentum (Teileigentum) in Betracht. Der Gegenstand muss geeignet sein, einem Unternehmen zu dienen. Das kann auch bei Teileigentum der Fall sein.