Rz. 14

Ein Wohnsitz ist aufgegeben, wenn die Voraussetzungen des § 8 AO nicht mehr vorliegen. Dies ist stets anzunehmen, wenn die Wohnung selbst durch Auszug, Verkauf, Vermietung oder ähnliche Vorgänge aufgegeben wird. Eine Aufgabe kann auch anzunehmen sein, wenn sich die Umstände ändern, sodass nicht mehr auf eine Beibehaltung und Nutzung geschlossen werden kann. Dies ist der Fall, wenn der bisherige Wohnungsinhaber nach den Umständen des Einzelfalls die Wohnung in absehbarer Zeit nicht mehr selbst, durch Angehörige oder Bedienstete benutzen wird; der Grund hierfür kann etwa bei einem Ledigen ein längerer Auslandsaufenthalt ohne einen überschaubaren Rückkehrzeitpunkt sein oder bei einem Dauerkranken die Einlieferung auf unbestimmte Zeit in eine Pflegeanstalt. Auch aus der Tatsache, dass die Wohnung vom Stpfl. längerfristig nicht genutzt wurde, kann auf die Zukunft entsprechend geschlossen werden. Vorübergehendes Nichtnutzen schadet allerdings nicht. Bei Vermietung der früheren Wohnung an familienfremde Dritte während eines Auslandsaufenthalts[1] wird der Wohnsitz grundsätzlich aufgegeben[2], anders kann dies bei Weiternutzung durch nahe Familienangehörige oder Lebenspartner zu beurteilen sein. Ein inländischer Wohnsitz wird jedoch trotz eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts beibehalten und nicht aufgegeben, wenn der Stpfl. eine Wohnung, die er vor und nach dem Auslandsaufenthalt als einzige ständig nutzt, während des Aufenthalts im Ausland unverändert und in einem ständig nutzungsfähigen Zustand beibehält.[3]

Hält ein ausländischer Vater sein Kind gegen den Willen der sorgeberechtigten Mutter in seinem Heimatland fest, hat das Kind seinen bisherigen inländischen Wohnsitz in der Wohnung der Mutter nur aufgegeben, wenn die Umstände darauf schließen lassen, dass das Kind nicht zurückkehren wird. Hier ist eine Prognoseentscheidung zu treffen.[4] Von einem Fortbestehen des bisherigen Wohnsitzes im Inland kann allerdings nur ausgegangen werden, wenn aus den äußeren Umständen darauf zu schließen ist, dass das Kind in überschaubarer Zeit wieder in das Inland zurückkehren wird. Bei einem vor 9 Jahren ins Ausland entführten Kind fehlt es daher grundsätzlich an einem Innehaben des Wohnsitzes.[5]

 

Rz. 14a

Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich für die Aufgabe eines Wohnsitzes häufig dann, wenn eine Person den Ort ihres bisherigen Wohnsitzes auf Dauer verlässt, in die Wohnung aber aus bestimmten Gründen hin und wieder zurückkehrt oder zurückkehren kann. Begründet der Stpfl. einen neuen Wohnsitz, so schließt das wegen der Möglichkeit mehrerer Wohnsitze nebeneinander die Beibehaltung des bisherigen Wohnsitzes nicht aus, wenn die Voraussetzungen des § 8 AO erfüllt bleiben. Wandert ein Stpfl. nach Heirat mit einem Ausländer endgültig aus und behält er seine bisherige Privatwohnung nur für den Notfall unvermietet bei, ohne sie im Normalfall nutzen zu wollen und ohne sie noch als Bleibe zu betrachten, so wird der Wohnsitz aufgegeben.[6] Hat der Stpfl. die Wohnung eine längere, aber absehbare Zeit nicht inne und vermietet er sie für diese Zeit, so gibt er auch für diese Zeit den Wohnsitz auf.[7] Er ist nämlich tatsächlich vom Innehaben und Nutzen ausgeschlossen. Wird die vom Stpfl. verlassene Wohnung weiterhin von seiner Familie benutzt, die ihren Wohnsitz dort behält, so wird nur unter besonderen Umständen eine Aufgabe des Wohnsitzes durch den Ehegatten angenommen werden können, wenn dieser einen neuen Wohnsitz z. B. aus beruflichen Gründen begründet.[8] Grundsätzlich behält ein Ehegatte den Wohnsitz bei seiner Familie bei, auch wenn er die Wohnung zeitweilig, möglicherweise das ganze Jahr lang nicht benutzt.[9]

 

Rz. 14b

Bei Arbeitnehmern, die für eine befristete Zeit ins Ausland versetzt werden (aufgrund von Absprachen mit dem Arbeitgeber), gelten die allgemeinen Grundsätze. Es kommt also darauf an, ob der Aufenthalt auf einen Zeitraum von mir als einem Jahr angelegt war.[10] Ist dies der Fall, kommt ein weiterhin bestehender Wohnsitz nur bei Aufenthalten in Betracht, die über bloße Besuche hinausgehen.[11]

 

Rz. 14c

Begründet ein Student am Studienort einen neuen Wohnsitz[12], so bleibt der bisherige Wohnsitz im Elternhaus bestehen, wenn der Student dort ein Zimmer behält und in dieses bzw. in die Wohnung seiner Eltern nicht nur gelegentlich und besuchsweise zurückkehrt.[13] Nach einzelnen Judikaten sollen Aufenthalte von weniger als 5 Monate i. d. R. nicht zur Aufrechterhaltung der Wohnung genügen.[14] Der BFH lässt allerdings einen Zeitraum von 5 Monaten i. d. R. ausreichen. Der Umkehrschluss, dass in jedem Fall ein Aufenthalt von mindestens fünf Monaten für einen inländischen Wohnsitz i. S. v. § 8 AO zu fordern sei, hat der BFH ausdrücklich abgelehnt.[15] Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts – also bei Zeiträumen von mehr als 1 Jahr[16] – zum Zwecke einer Berufsausbildung behält ein Kind seinen Wohnsitz in der Wohnung der Eltern im Inland im Regelfall nur dann bei, wenn es ...

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