Dr. Zacharias-Alexis Schneider
3.1 Beteiligtenstellung
Rz. 6
Ein Amtsträger darf nach § 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO niemals an einem Verwaltungsverfahren mitwirken, in dem er selbst Beteiligter ist. Hier läge anderenfalls lediglich eine abgewandelte Form des Selbstkontrahierens vor. Dies gilt auch, wenn der Amtsträger, ohne Beteiligter zu sein, aus der Entscheidung unmittelbar einen Vor- oder Nachteil erlangt.
3.2 Angehörigenverfahren
Rz. 7
Ein Amtsträger darf nach § 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO auch nicht in einem Verfahren mitwirken, wenn ein Angehörigenverhältnis i. S. v. § 15 AO zum Beteiligten bzw. zum unmittelbar Bevor- oder Benachteiligten besteht. Ein sonstiges verwandtschaftliches oder partnerschaftliches Verhältnis kann allenfalls zur Besorgnis der Befangenheit i. S. v. § 83 AO führen.
Rz. 7a
Das Mitwirkungsverbot besteht nach § 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO auch für den Amtsträger, der in einem Angehörigenverhältnis i. S. v. § 15 AO zum gesetzlichen Vertreter des Beteiligten bzw. des unmittelbar Bevor- oder Benachteiligten (Rz. 5a) steht. Diese Regelung gilt entsprechend, wenn das Angehörigenverhältnis zu Personen besteht, die kraft Amtes Beteiligte sind, z. B. der Insolvenzverwalter, bzw. zu Personen, die durch die kraft Amtes Beteiligten vertreten werden, z. B. der Gemeinschuldner.
Rz. 8
Das Mitwirkungsverbot besteht nach § 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AO auch für den Amtsträger, der in einem Angehörigenverhältnis i. S. v. § 15 AO zum Bevollmächtigten des Beteiligten bzw. des unmittelbar Bevor- oder Benachteiligten steht. Unerheblich ist, ob der Bevollmächtigte dem Beteiligten bzw. der gleichgestellten Person entgeltlich oder unentgeltlich Hilfe in Steuersachen leistet. Maßgeblich ist das konkrete Besteuerungsverfahren. Das Tätigwerden des Angehörigen des Amtsträgers in einem anderen Besteuerungsverfahren erfüllt diese Voraussetzung nicht.
Rz. 8a
Die Regelung des § 15 AO enthält nach h. M. in der Literatur eine abschließende Aufzählung. Die eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz würde danach kein Angehörigenverhältnis begründen. Diese Rechtsauffassung ist im Hinblick auf die Regelung des § 11 Abs. 1 LebenspartnerschaftsG nicht aufrecht zu erhalten, denn hiernach gilt ein Lebenspartner als Familienangehöriger des anderen Lebenspartners, soweit nichts anderes gesetzlich bestimmt ist. Die Regelung greift als neueres Gesetz unmittelbar auf die AO durch, da der Steuergesetzgeber eine Ausschlussregelung nicht getroffen hat. Es ist aufgrund der gesetzlichen Fiktion m. E. die in Art. 3 § 16 Nr. 1 und § 18 Nr. 1 des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften vorgenommenen Änderungen der grundlegenden Verfahrensordnungen in § 42 Nr. 2a ZPO und § 22 Nr. 2 StPO sinngemäß anzuwenden. Für eine abweichende Rechtslage in der AO liegt auch kein sachlich rechtfertigender Grund vor. Das Mitwirkungsverbot besteht nach § 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AO auch für den Amtsträger in einem seinen – eingetragenen – Lebenspartner betreffenden Verfahren.
3.3 Vertreterstellung
Rz. 9
Ein Amtsträger darf nach § 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO nicht an einem Verfahren mitwirken, wenn er Vertreter des Beteiligten bzw. des unmittelbar Bevor- oder Benachteiligten ist. Es genügt für das Mitwirkungsverbot allein die rechtliche Stellung, auch wenn der Amtsträger im konkreten Verwaltungsverfahren in dieser Eigenschaft nicht tätig geworden ist.
Die Vertreterstellung kann als gesetzliche Vertretung oder auch durch Vollmacht als Bevollmächtigter begründet sein. Nicht ausreichend ist die Stellung als Empfangsbevollmächtigter nach § 123 AO.
3.4 Anstellungsverhältnis – Organmitgliedschaft
Rz. 10
Das Mitwirkungsverbot besteht nach § 82 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 AO auch für den Amtsträger, der beim Beteiligten bzw. beim unmittelbar Bevor- oder Benachteiligten gegen Entgelt beschäftigt – auch nebenbeschäftigt – ist, da hier durch eine mögliche wirtschaftliche Abhängigkeit eine sachfremde Entscheidung zu befürchten ist. Die Rechtsnatur des Beschäftigungsvertrags – Dienst-, Arbeits- oder Werkvertrag – ist unerheblich.
Rz. 11
Eine das Mitwirkungsverbot rechtfertigende Situation besteht auch für den Amtsträger, der Mitglied des willensbildenden Organs einer juristischen Person, also des Vorstands oder des Aufsichtsrats, ist...