Rz. 61
Beim Wirtschaftlichkeits- und Zweckmäßigkeitsgrundsatz gibt es große Überschneidungen, allerdings sollen beide Prinzipien nicht deckungsgleich sein.
Als taugliche Zwecke, nach denen sich der Zweckmäßigkeitsgrundsatz auszurichten hat, sind dabei die Gesetzmäßigkeit und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die Grundzüge des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzusehen, an denen sich die seitens der Finanzverwaltung zu ergreifende Ermittlungshandlung zu messen hat. Diese Negativabgrenzung orientiert sich aber an § 88 Abs. 2 S. 1 AO und stellt lediglich den zu "relativierenden" Normgehalt dar. Eigenständige Bedeutung des Zweckmäßigkeitsgrundsatzes in S. 2 des § 88 Abs. 2 AO definiert dies aber nicht. Vielmehr ist das Zweckmäßigkeitsprinzip aus dem Effektivitätsblickwinkel der Finanzbehörden zu betrachten.
Wegen der schweren Fassbarkeit einer eigenständigen Auslegung und Bedeutung des Zweckmäßigkeitsgrundsatzes neben der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsprinzips wird teilweise vertreten, es sei zielführend und konsequent, den Zweckmäßigkeitsgrundsatz – de lege ferenda – vollständig im Wirtschaftlichkeitsprinzip aufgehen zu lassen. M.E. greift ein absoluter Verzicht auf einen eigenständigen Bedeutungsgehalt des Zweckmäßigkeitsgrundsatzes aber zu weit, da er mindestens zur Auslegung und zur Ergänzung von Wirtschaftlichkeitserwägungen geeignet ist (Rz. 63).
Rz. 62
Im Rahmen der Zweckmäßigkeits- und Wirtschaftlichkeitserwägungen darf die Finanzbehörde auch eine etwaige künftige Belastung durch ein zu erwartendes Klageverfahren berücksichtigen. Gleiches gilt für die aktuelle oder zu erwartende zukünftige Zahlungsunfähigkeit des Stpfl.
Rz. 63
Gemessen an den Zwecken des Amtsermittlungsgrundsatzes, für ein gesetzmäßiges und gleichmäßiges Besteuerungsverfahren zu sorgen, muss eine weitergehende Sachverhaltsermittlung erfolgsdienlich und sachgerecht sein. Von mehreren zweckmäßigen Maßnahmen zur Sachverhaltsermittlung hat die Finanzbehörde nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dem Ermittlungsansatz zu folgen, der bei gleichem Grad der Zweckerreichung den geringsten Eingriff in die geschützten Rechtsgüter des Stpfl. mit sich bringt (Rz. 35ff.).
Ermittlungshandlungen ohne begründete Anhaltspunkte dafür, dass diese die genannten Zwecke fördern, sind als unzulässig abzulehnen (Rz. 19). Aus diesem Grund sind Ermittlungshandlungen "ins Blaue hinein" nicht vom Amtsermittlungsgrundsatz gedeckt.
Anders verhält es sich teilweise bei den sog. Sammelauskunftsersuchen, bei denen ein aus konkret belegbaren Umständen ableitbarer hinreichender Anlass für die Vermutung besteht, dass eine Reihe von gleichgelagerten Sachverhalten, die jeder für sich genommen weitergehende Ermittlungshandlungen rechtfertigen, steuerlich nicht zutreffend gewürdigt wurden. In einem solchen Fall ist es zweckmäßig und zulässig, eine Reihe von gleichgelagerten Auskunftsersuchen zu stellen.
Rz. 64 einstweilen frei