Rz. 18

Der Beteiligte hat keinen Anspruch darauf, zur Bekräftigung der Richtigkeit einer von ihm vorgetragenen Tatsache eine Versicherung an Eides statt abgeben zu dürfen.[1] Ebenso wenig kommt anstelle einer in das Schuldnerverzeichnis einzutragenden eidesstattlichen Versicherung eine Vermögensauskunft nach § 284 AO als milderes Mittel, da nicht eintragungspflichtig, die Versicherung an Eides statt in Betracht.[2] Bietet der Beteiligte die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung von sich aus an, so muss sich die Finanzbehörde dieses Beweismittel nicht aufdrängen lassen. Sie kann vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen über das Beweisangebot entscheiden. Der Beteiligte hat lediglich einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung.

 

Rz. 19

Eine ablehnende Entscheidung muss sie jedoch begründen.[3] Dass der Beteiligte am Ausgang des Verfahrens interessiert ist, rechtfertigt es noch nicht, eine angebotene eidesstattliche Versicherung abzulehnen.[4] Denn dieser Gesichtspunkt trifft in allen Fällen zu, ohne dass deshalb eine wahrheitsgemäße Aussage von vornherein ausgeschlossen wäre. Eine Ablehnung des Beweisangebots kommt insbesondere in Betracht, wenn der Beteiligte das Fehlen einfacher Beweismittel zu vertreten bzw. seine Mitwirkungspflichten verletzt hat, die behauptete Tatsache absolut unwahrscheinlich oder der Beteiligte als unglaubwürdig bekannt ist.[5] In solchen Fällen kann die Finanzbehörde auf die angebotene eidesstattliche Versicherung ermessensfehlerfrei verzichten. Eine Ablehnung des Beweisangebots kann hingegen ermessensfehlerhaft sein, wenn die Finanzbehörde am Wahrheitsgehalt einer Behauptung zweifelt und andere Beweismittel nicht zur Verfügung stehen, etwa weil vom Beteiligten vorzulegende Unterlagen schuldlos verlorengegangen sind.

 

Rz. 20

Die Subsidiaritätsklausel des § 95 Abs. 1 S. 2 AO ist auch in Fällen, in denen der Beteiligte eine Versicherung an Eides statt von sich aus anbietet, zu beachten.[6] Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass von diesem strafbewehrten Beweismittel allzu schnell und leichtfertig Gebrauch gemacht wird. Einen erhöhten Beweiswert und eine Strafdrohung kommen nur solche Versicherungen an Eides statt zu, die nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 abgenommen worden sind. Eine als solche bezeichnete, aber nicht durch die Finanzbehörde abgenommene Versicherung ist als schlichte Aussage des Beteiligten zu bewerten.

[1] BFH v. 17.1.1956, I 242/54 U, BStBl III 1956, 68; BFH v. 15.10.1976, VI R 32/76, BStBl II 1976, 767; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 95 AO Rz. 2; Koenig/Wünsch, AO, 4. Aufl. 2021, § 95 Rz. 12; Roser, in Gosch, AO/FGO, § 95 AO Rz. 12; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022 (online-Kommentar, Stand 20.5.2022), § 95 Rz. 15; Wagner, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 23. Aufl. 2018, § 95 AO Rz. 2.
[3] Roser, in Gosch, AO/FGO, § 95 AO Rz. 12.
[4] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 95 AO Rz. 3; Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 95 AO Rz. 35.
[5] Koenig/Wünsch, AO, 4. Aufl. 2021, § 95 Rz. 12; Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 95 AO Rz. 32ff.; Helsper, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 95 Rz. 4.
[6] Schuster, in HHSp, AO/FGO, § 95 AO Rz. 25; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 95 AO Rz. 3; a. A. Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022 (online-Kommentar, Stand 20.5.2022), § 95 Rz. 7; Koenig/Wünsch, AO, 4. Aufl. 2021, § 95 Rz. 12; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 23. Aufl. 2022, § 27 VwVfG Rz. 8; FG Nürnberg v. 23.10.1985, V 169/80, EFG 1986, 154.

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