8.1 Abgabe der Versicherung an Eides statt
Rz. 33
Die eidesstattlich versicherte Auskunft des Beteiligten bindet die Finanzbehörde formal nicht. Sie unterliegt trotz ihrer qualifizierten Form der freien Beweiswürdigung. Gleichwohl wird die Finanzbehörde den versicherten Angaben regelmäßig Glauben schenken. Denn die eidesstattliche Versicherung muss nach § 95 Abs. 1 AO geeignet sein, letzte Zweifel hinsichtlich des Wahrheitsgehalts bestimmter Einlassungen zu beseitigen. Folgte die Finanzbehörde den nunmehr eidesstattlich versicherten Angaben dennoch nicht, setzte sie sich entweder in Widerspruch zu ihrem Vorverhalten oder aber die Aufforderung wäre – mangels Eignung zur Entkräftung der behördlichen Zweifel – von vornherein ermessensfehlerhaft ergangen.
Rz. 34
Ergeben sich jedoch nach Aufnahme der eidesstattlichen Versicherung neue Tatsachen oder Gesichtspunkte, die gegen die Richtigkeit der bekräftigten Auskunft sprechen, so kann die Versicherung unberücksichtigt bleiben. Eine unwiderlegbare Vermutung für ihre Richtigkeit besteht nicht.
Rz. 35
Eine unter Verstoß gegen den Inhalt des § 95 AO aufgenommene eidesstattliche Versicherung ist zwar im Regelfall strafrechtlich, nicht jedoch verfahrensrechtlich irrelevant. Ihre Ableistung ist ebenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Auch das freiwillige Anerbieten einer eidesstattlichen Versicherung sowie die Vorlage einer nicht ordnungsgemäßen, vom Beteiligten selbst ausgefertigten "eidesstattlichen Versicherung" sind frei zu würdigen.
8.2 Verweigerung der Versicherung an Eides statt
Rz. 36
Weigert sich der Beteiligte, einer Aufforderung der Finanzbehörde zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nachzukommen, so kann er dazu gem. § 95 Abs. 6 AO nicht gezwungen werden (vgl. Rz. 32). Ist die Weigerung materiell begründet, so ist die Aufforderung vom Beteiligten anzufechten (vgl. Rz. 38ff.) und daraufhin von der Finanzbehörde aufzuheben. Besondere Schlussfolgerungen im Rahmen der Beweiswürdigung sind hieraus nicht zu ziehen.
Rz. 37
Aus der unberechtigten Weigerung des Beteiligten, eine Tatsachenbehauptung durch eidesstattliche Versicherung zu bekräftigen, können für ihn nachteilige Folgen gezogen werden. Die Finanzbehörde kann nach der Lebenserfahrung den Schluss ziehen, dass der Beteiligte nur deshalb die Richtigkeit einer behaupteten Tatsache nicht an Eides statt versichern will, weil die Behauptung unrichtig oder unvollständig ist. Außerdem steht der Finanzbehörde in diesen Fällen nach § 162 Abs. 2 S. 1 AO eine Befugnis zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu.