Rz. 5
§ 12 Abs. 2 S. 1 EUAHiG definiert den Begriff der gleichzeitigen Prüfung i. S. d. Abs. 1 als behördliche Ermittlungen, die von der zuständigen Finanzbehörde gleichzeitig mit der entsprechenden Behörde eines anderen Mitgliedstaats im jeweils eigenen Hoheitsgebiet in Bezug auf eine Person oder mehrere Personen von gemeinsamen oder ergänzendem Interesse durchgeführt werden, um die dabei erlangten Informationen auszutauschen. Dabei müssen die Interessen der beteiligten Mitgliedstaaten nicht zwingend gleichgerichtet sein. Da das Prüfungsthema auch Verrechnungspreise sein können, sind die Interessen womöglich sogar entgegengerichtet. Maßgebend ist allein, dass die gleichzeitige Prüfung im Zeitpunkt des Ersuchens voraussichtlich für die Besteuerung erheblich ist und dass die Kooperation für die eigenen Ermittlungen förderlich ist. Der an diese Schwelle anzulegende Maßstab entspricht demjenigen, der an die Anordnung einer Außenprüfung nach § 193 AO gestellt wird.
Der in Abs. 2 S. 1 verwendet Begriff knüpft an behördliche Ermittlungen an, die ihrerseits in § 2 Abs. 13 EUAHiG definiert sind. Dabei meint § 12 EUAHiG in erster Linie Maßnahmen der Außenprüfung gem. §§ 193ff. AO. Daher ist die Beteiligung eines Bundesprüfers des BZSt an der gleichzeitigen Prüfung zulässig.
Nehmen mehrere Mitgliedstaaten an der gleichzeitigen Prüfung teil, so muss jeder von ihnen die Voraussetzungen nach § 12 EUAHiG erfüllen. Sind mehrere StPfl. von der gleichzeitigen Prüfung betroffen, so gilt dies ebenfalls. Schließlich gilt dies auch dann, wenn mehrere StPfl. von der gleichzeitigen Prüfung betroffen sind und mehrere Mitgliedstaaten an der Prüfung teilnehmen. Dies kommt insbesondere bei Konzernprüfungen in Betracht. Sofern Konzerntöchter in die gleichzeitige Prüfung eingebunden werden sollen, ist darauf zu achten, dass die Ergebnisse dieser Prüfung für den anderen Mitgliedstaat oder die anderen Mitgliedstaaten voraussichtlich erheblich sind. Anderenfalls sind im Inland getrennte Außenprüfungen vorzunehmen. Das FG Köln sieht bei der Beurteilung der Frage, ob eine voraussichtliche Erheblichkeit gegeben ist, einen so weiten Ermessensspielraum, dass bereits eine mittelbare Betroffenheit in der Weise ausreichend ist, dass es bei einer Konzernprüfung nicht zwingend auf die Prüfung der Transaktionen zwischen den an der Prüfung teilnehmenden Ländern ankommt, sondern bereits die Prüfung der Vergleichbarkeit der in den Mitgliedstaaten ansässigen Konzerntöchter mit der in einem anderen Mitgliedstaaten ansässigen Konzernmutter.
Maßgebend für die Definition des Begriffes der Person ist § 2 Abs. 1 EUAHiG.
Werden im Rahmen einer gleichzeitigen Prüfung beim inländischen StPfl. Informationen erlangt, die offenkundig keine Bedeutung für den anderen Mitgliedstaat haben, so dürfen diese nicht ausgetauscht aber für die Besteuerung im Inland verwendet werden.
Rz. 6
Nach § 12 Abs. 2 S. 2 EUAHiG erfolgt der Austausch von Informationen, die das Vorfeld der gleichzeitigen Prüfung betreffen oder im Rahmen dieser erlangt werden, nach Maßgabe des § 4 EUAHiG. Danach sind die entsprechenden Informationen, sofern sie voraussichtlich für die Besteuerung im anderen Mitgliedstaat erheblich sind, stets auszutauschen, es sei denn der Informationsaustausch wird nach § 4 Abs. 3 oder 4 EUAHiG eingeschränkt. Die in § 4 Abs. 3 Nr. 2 EUAHiG festgelegte Subsidiarität, nach der Ermittlungshandlungen im Inland des jeweiligen Mitgliedstaats zunächst auszuschöpfen sind, ist wegen § 12 Abs. 2 S. 4 EUAHiG als Rückausnahme jedoch nicht anwendbar.
Rz. 7
Nach § 12 Abs. 2 S. 3 EUAHiG bedarf es für den Informationsaustausch im Rahmen einer gleichzeitigen Prüfung keiner Weitergabe der Information an den anderen Mitgliedstaat über das BZSt als zentrales Verbindungsbüro. Vielmehr erfolgt der Austausch unmittelbar zwischen den an der gleichzeitigen Prüfung teilnehmenden und als solche benannten Amtsträgern i. S. d. § 3 Abs. 3a EUAHiG. Die Vorschrift will den Umweg über das jeweilige Verbindungsbüro vermeiden, sofern der Rahmen einer gleichzeitigen Prüfung vereinbart ist. Im Umkehrschluss bedeutet dieses, dass der unmittelbare Austausch an nicht benannte, womöglich später der Prüfung hinzugetretener Amtsträger oder deren nicht benannter Vorgesetzter, unzulässig ist. Dies schließt allerdings nicht aus, dass im Laufe der Prüfung vom zentralen Verbindungsbüro weitere Personen benannt werden.
Der unmittelbare Austausch der Information erfolgt über die EU-Datenplattform "Common-Communication-Network". Diese wird in Art. 21 Abs. 1 der Amtshilferichtlinie geregelt.
Rz. 8
§ 12 Abs. 2 S. 4 EUAHiG schließt den in § 4 Abs. 3 Nr. 2 und in § 6 Abs. 3 EUAHiG geregelten Subsidiaritätsgrundsatz aus. Danach ist Amtshilfe nicht zu leisten oder in Anspruch zu nehmen, wenn die auszutauschenden Informationen auf einfacherem Wege, insbesondere durch eigene Ermittlungshandlungen, erlangt werden können. Diese Vorschrift soll eine effiziente gleichzeitige Prüfung ermöglichen. Treten in diesem Rahmen Info...