Rz. 4
§ 19 Abs. 2 EUAHiG bestimmt, für welche Zwecke die Informationen verwendet werden dürfen, die im Rahmen des EUAHiG von anderen Mitgliedstaaten übermittelt worden sind. Hauptverwendungszweck ist die Verwendung zur zutreffenden Festsetzung und Erhebung aller Steuern, die unter § 1 EUAHiG fallen. Die Durchsetzung der zutreffenden Steuern ist der wesentlichste Zweck des gesteigerten Amtshilfeverkehrs und damit auch des einzelnen Falles eines Informationsaustausches. Alle 4 Ziffern des § 19 Abs. 2 EUAHiG zur Bezeichnung des zugelassenen Verwendungszweckes beziehen sich auf die deutschen Steuern. Es handelt sich also um eine "bereichsspezifische Verwendung." Außer zur korrekten Steuerfestsetzung können die Informationen zur Überprüfung der Steuerfestsetzung durch Aufsichtsbehörden sowie zur zutreffenden Festsetzung und Erhebung nach § 1 EU-BeitreibungsG von Steuern, die nicht unter § 1 EUAHiG fallen wie z. B. die indirekten Steuern, verwendet werden. Hierzu können auch Prüfungen der Rechnungshöfe und die Wahrnehmung gesetzlicher Kontroll- und Aufsichtsbefugnisse, beispielsweise in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen, gehören.
Vor diesem Hintergrund ist die Erwähnung der USt und anderer indirekter Steuern in § 19 Abs. 1 Nr. 1 EUAHiG nicht zwingend. Allerdings dient sie der Klarstellung und soll, insbesondere wegen der hohen Bedeutung der USt in der Praxis, zur Klarheit beitragen.
Eine Verwendung der übermittelten Daten ist nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EUAHiG auch für die Bewertung des nationalen Steuerrechts zulässig.
§ 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 EUAHiG sieht zudem die Möglichkeit einer Verwertung von übermittelten Daten im Zusammenhang mit Gerichts- und Verwaltungsverfahren vor, die – im Rahmen der allgemeinen Verfahrensregeln – Sanktionen wegen Nichtbeachtung des Steuerrechts zur Folge haben können. Damit dürfen die im Wege der Amtshilfe erlangten Daten zum Zwecke der Strafverfolgung beim Vorwurf einer Steuerstraftat auch in öffentlichen Gerichtsverhandlungen oder für Gerichtsentscheidungen verwendet werden. Allerdings dürfen auf diese Weise nicht die Rechte von Beschuldigten oder Zeugen nach nationalem Recht (insbesondere Aussageverweigerungsrechte) umgangen werden.
Rz. 5
Die Befugnisse des deutschen Steuerrechts, eigentlich unter das Steuergeheimnis des § 30 AO fallende Verhältnisse und Informationen für nichtsteuerliche Zwecke zu verwenden oder zu offenbaren, ist immer weiter ausgedehnt worden. Schon die ausdrücklichen gesetzlichen Befugnisgründe des § 30 Abs. 4 AO sind immer zahlreicher geworden. Nur eine Minderheit von ihnen hat einen unmittelbaren steuerlichen Bezug. Daneben enthalten z. B. die §§ 31a und 31b AO Durchbrechungen des Steuergeheimnisses für nichtsteuerliche Zwecke. Informationen an Sozialversicherungsträger, Ausländer- und Konzessionsbehörden sind ebenso zu finden wie beamtenrechtliche Befugnisgründe. Da die anderen Mitgliedstaaten diese Durchbrechungen des Steuergeheimnisses nicht kennen, ist in § 19 Abs. 2 S. 2 EUAHiG vorgeschrieben, dass die Einwilligung des Mitgliedstaates, der die Informationen übermittelt (hat), vor einer Weitergabe stets einzuholen ist, wenn sie für einen Zweck außerhalb der in § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1–4 EUAHiG genannten Verwendungen herangezogen werden sollen. Insoweit reicht der Schutz von § 19 Abs. 2 EUAHiG als speziellere Vorschrift weiter als derjenige nach § 30 AO.
Rz. 6
Einer Einwilligung des übermittelnden Mitgliedstaates nach § 19 Abs. 2 S. 2 EUAHiG bedarf es gem. S. 3 dann nicht, wenn dieser dem BZSt mit der Übermittlung eine Liste mit anderen als den in S. 1 genannten Zwecken, für die Informationen und Schriftstücke gemäß seinem nationalen Recht verwendet werden dürfen, übermittelt hat und die beabsichtigte Verwendung von den in der Liste genannten Zwecken umfasst ist.
Diese Erweiterung setzt den mit der DAC 7-Richtlinie neu eingefügten Art. 16 Abs. 2 Unterabs. 2 der Amtshilferichtlinie in nationales Recht um.