Rz. 4
§ 4 Abs. 3 EUAHiG legt in einer abschließenden Aufzählung fest, in welchen Fällen die Erteilung von Informationen an die Steuerbehörde des ersuchenden anderen Mitgliedstaates insgesamt abzulehnen ist. Die Entscheidung, ob ein Ablehnungsgrund gegeben ist, trifft das zentrale Verbindungsbüro bei der Entscheidung der Frage, ob die Auskunft auf das Ersuchen des anderen Mitgliedstaates zu erteilen ist oder ob dieses unzulässig wäre. Lehnt das zentrale Verbindungsbüro das Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates ab, so sind dem anderen Mitgliedstaat die Gründe hierfür mitzuteilen.
4.1 Unmöglichkeit nach deutschem Recht (Abs. 3 Nr. 1)
Rz. 5
Ist die Durchführung der erforderlichen Ermittlungen oder die Beschaffung der betreffenden Informationen nach deutschem Recht nicht möglich, so erteilt das zentrale Verbindungsbüro keine Antwort. Mit dieser Regelung wird Art. 17 Abs. 2 der Amtshilferichtlinie umgesetzt. Lässt etwa die AO die Durchführung der für die Auskunftserteilung erforderlichen Ermittlungen oder die Beschaffung der Informationen nicht zu oder steht ein anderes nationales Gesetz dem entgegen, so hat dieses Vorrang gegenüber der Auskunftserteilung nach dem EUAHiG. Dies kann beispielsweise bei Auskunftsverweigerungsrechten in Betracht kommen.
4.2 Nichtausschöpfung eigener Ermittlungsmöglichkeiten (Abs. 3 Nr. 2)
Rz. 6
Hat der ersuchende Mitgliedstaat die üblichen eigenen Informationsquellen nicht ausgeschöpft, die ihm zur Erlangung der erbetenen Informationen zur Verfügung stehen, so ist die Erteilung einer Antwort unzulässig, es sei denn, die Erreichung des Zieles des EUAHiG auf zutreffende Besteuerung würde gefährdet. Der Ablehnungsgrund des Abs. 3 Nr. 2 EUAHiG ist aus Art. 17 Abs. 1 der Amtshilferichtlinie umgesetzt worden. Zur Erleichterung eines reibungslosen Amtshilfeverkehrs wollte der Rat der EU jeden Ballast nicht erforderlicher Amtshilfetätigkeiten vermeiden und hat deswegen die vorherige Pflichterfüllung der Mitgliedstaaten zur Ausschöpfung ihrer eigenen Ermittlungsmöglichkeiten als zwingende Voraussetzung angeordnet. Ein absolutes Ausschöpfen bis zur Erschöpfung aller eigenen Erkenntnisquellen kann jedoch nicht verlangt werden. Wie die Einschränkung am Ende der Formulierung des Ablehnungsgrundes zeigt, muss der andere Mitgliedstaat alle Maßnahmen ergriffen haben, die ohne Gefährdung des Ermittlungsziels möglich waren. Personalmangel und ähnliche Gründe sind allerdings keine Fälle des Erschöpfens der Ermittlungsmöglichkeiten.
Rz. 7 einstweilen frei
4.3 Verletzung der öffentlichen Ordnung (Abs. 3 Nr. 3)
Rz. 8
Der Ausschluss der Beantwortung von Amtshilfeersuchen wegen Verletzung der öffentlichen Ordnung ist nicht nur auf Art. 17 Abs. 4 2. Halbsatz der Amtshilferichtlinie zurückzuführen, sondern auf die frühere Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 der EG-Amtshilferichtlinie in § 3 Abs. 1 Nr. 3 und 4 des EGAmtshilfeG. Die Regelung hat ihren Ursprung in der allgemeinen völkerrechtlichen Vertragspraxis. Die öffentliche Ordnung wird z. B. durch die Verletzung von Grundrechten beeinträchtigt, insbesondere aber auch bei Antastung der Souveränität, der Sicherheit oder anderer wesentlicher Interessen der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder bzw. einer ihrer Gemeinden oder Gemeindeverbände. Auch die Verletzung von Völkerrecht (z. B. eines DBA) kann eine Verletzung der öffentlichen Ordnung ("Ordre Public") sein. Dies findet sich nunmehr ausdrücklich in § 4 Abs. 3 Nr. 3 EUAHiG. Da in der Regelung über die Verwendung von Informationen und Dokumenten nach wie vor eine Geheimhaltung entsprechend dem Steuergeheimnis und mit den Ausnahmen des Steuergeheimnisses vorsieht, andererseits § 19 EUAHiG für den umgekehrten Fall der Auskunft an Deutschland zusagt, ist dennoch in der Nichteinhaltung der Geheimhaltungspflicht eine Verletzung der öffentlichen Ordnung i. S. d. § 4 Abs. 3 Nr. 3 EUAHiG anzunehmen. Obwohl das Gesetz hier keine Gegenseitigkeitsklausel enthält, ist dennoch durch das zentrale Verbindungsbüro zu prüfen, ob die gesetzliche Geheimhaltungspflicht durch den anderen Mitgliedstaat eingehalten wird.