1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift befasst sich mit den Ersuchen deutscher Finanzbehörden, die an andere Mitgliedstaaten zu richten sind. Aus der Regelung des Verfahrens für diese ausgehenden Amtshilfeersuchen ergibt sich mittelbar die Befugnis der deutschen Finanzbehörden, solche Amtshilfeersuchen zu stellen. Sie bedürfen damit nicht mehr der Grundlage des § 117 Abs. 1 AO. Das Ersuchen wird grundsätzlich von der jeweils zuständigen Finanzbehörde i. S. d. FVG gestellt. Gem. § 3 Abs. 6 EUAHiG können jedoch auch Gemeinden und Gemeindeverbände Amtshilfe nach dem EUAHiG in Anspruch nehmen. Sie gelten nach § 3 Abs. 6 S. 2 EUAHiG insoweit als Finanzbehörden. Die Finanzbehörde bzw. die insoweit als Finanzbehörde behandelte Gemeinde oder der Gemeindeverband sind also die ersuchende Stelle. Das für die Weiterleitung eingeschaltete zentrale Verbindungsbüro ist dann die Vermittlungs- und Verbindungsstelle zum ersuchten anderen Mitgliedstaat.

2 Verfahren für ausgehende Ersuchen (Abs. 1)

 

Rz. 2

§ 6 Abs. 1 EUAHiG setzt Art. 5 der Amtshilferichtlinie um. Die Vorschrift bestimmt zunächst die Befugnis der Finanzbehörden einschließlich der Gemeinden und Gemeindeverbände, Amtshilfeersuchen an andere Mitgliedstaaten stellen zu können. Es sind also zunächst Amtshilfeersuchen der Finanzbehörden. § 6 Abs. 1 EUAHiG regelt dann zum einen die Art und Weise des Verfahrens, zum anderen aber auch die Zuständigkeit des zentralen Verbindungsbüros. Die ersuchende Finanzbehörde richtet kraft ihrer Befugnis das Ersuchen an das zentrale Verbindungsbüro zur Weiterleitung an den anderen Mitgliedstaat. Zum Inhalt des Ersuchens legt § 6 Abs. 1 S. 2 EUAHiG fest, dass um sachdienliche behördliche Ermittlungen ersucht werden kann. Das Ersuchen beschränkt sich also nicht auf die Mitteilung der im anderen Mitgliedstaat bei der betroffenen Finanzbehörde bereits vorliegenden Informationen. Weiter kann sich das Ersuchen auch darauf richten, Originaldokumente zu erhalten, soweit sie für das weitere Verfahren erforderlich sind. Ein ausgehendes Amtshilfeersuchen muss erforderlich für die Besteuerung des konkreten Stpfl. sein. Daher ist es nur dann zulässig, wenn die ersuchende Finanzbehörde von voraussichtlich erheblichen[1] Informationen ausgeht.[2]

 

Rz. 3

Aufgabe und Zuständigkeit des zentralen Verbindungsbüros ist es, das Ersuchen zu prüfen, über die Weiterleitung zu entscheiden und im Fall der Bejahung das Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat weiterzuleiten. Die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz liegt also beim zentralen Verbindungsbüro. Für das Ersuchen ist ein Standardformblatt zu verwenden.[3] Die Einzelheiten des Standardformblattes sind nicht im EUAHiG geregelt, sie ergeben sich einheitlich für alle Mitgliedstaaten aus Art. 20 Abs. 1 u. 2 der Amtshilferichtlinie.

3 Ersuchen um weitergehende Informationen (Abs. 2)

 

Rz. 3a

Mit der Regelung in § 6 Abs. 2 EUAHiG macht der Gesetzgeber von der Möglichkeit weitergehender Informationsersuchen nach Art. 8a Abs. 10 der Amtshilferichtlinie Gebrauch.[1] Danach kann die mit der konkreten steuerlichen Prüfung betraute Finanzbehörde unbeschadet von aufgrund des automatischen Informationsaustauschs nach § 7 Abs. 3 und 4 EUAHiG erhaltenen Informationen über grenzüberschreitende Vorbescheide und Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung um weitergehende Informationen, bis hin zum vollständigen Wortlaut, ersuchen. Ob die Finanzbehörde von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, steht in ihrem Ermessen. Dabei muss sie die Subsidiarität nach § 6 Abs. 3 EUAHiG beachten. Das Ersuchen ist auf dem Dienstweg über das Bundeszentralamt für Steuern an den anderen Mitgliedstaat zu richten. Das BZSt hat dabei kein materielles Prüfungsrecht.

[1] BT-Drs. 18/9536, 48.

4 Subsidiarität des Ersuchens (Abs. 3)

 

Rz. 4

§ 6 Abs. 3 EUAHiG regelt die Subsidiarität des ausgehenden Ersuchens gegenüber der eigenen Ermittlung durch die Finanzbehörde. Wie auch bei innerstaatlichen Sachverhalten eine Amtshilfe ausscheidet, wenn die ersuchende Behörde die Informationen ohne große Schwierigkeiten selbst ermitteln kann[1], so verhält es sich auch bei der Amtshilfe nach dem EUAHiG. Dieses Prinzip gilt also auch für den zwischenstaatlichen Amtshilfeverkehr und ist dazu in Art. 17 Abs. 1 der Amtshilferichtlinie niedergelegt worden. § 6 Abs. 3 EUAHiG bestimmt dementsprechend, dass die Finanzbehörde ein Amtshilfeersuchen nur dann stellen darf, wenn sie alle ihr nach der Abgabenordnung zustehenden und dafür vorgesehenen Ermittlungsmaßnahmen ausgeschöpft hat.[2] Das gilt entsprechend der meisten anderen Subsidiaritätsregelungen dann nicht, soweit die Durchführung der eigenen Ermittlungen mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten verbunden wäre oder sich sogar als nicht erfolgversprechend darstellt. Auch für diese Frage besteht die Prüfungs- und Entscheidungskompetenz des zentralen Verbindungsbüros im Rahmen des Weiterleitungsverfahrens.

§ 6 Abs. 3 EUAHiG enthält – abweichend etwa von § 112 AO – keine abgestufte Prioritätenregelung, nach der zunächst andere, inländische Finanzbehörden zu befragen ...

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