Rz. 2
Nach pflichtgemäßem Ermessen kann die Finanzbehörde spontan, also ohne Ersuchen, Informationen an das zentrale Verbindungsbüro zur Weiterleitung an einen anderen Mitgliedstaat übermitteln. Auch die Gemeinden und Gemeindeverbände, die gem. § 3 Abs. 5 EUAHiG als Finanzbehörden fingiert werden, können nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen eine spontane Übermittlung beschließen. Die Ermessensentscheidung hat die Finanzbehörde bzw. die Gemeinde bzw. der Gemeindeverband zu treffen. Ihnen obliegt es außer in den zwingenden Fällen des § 8 Abs. 2 EUAHiG zu entscheiden, ob eine Spontanauskunft gegeben werden sollte oder nicht. Nach der Bejahung dieser Frage durch die (fiktive) Finanzbehörde führte diese entsprechend § 117 Abs. 4 S. 3 AO grundsätzlich eine Anhörung beim Betroffenen durch und leitet diese die Informationen nebst dem Ergebnis der Anhörung an das zentrale Verbindungsbüro zur Prüfung und Entscheidung über die Weiterleitung an den anderen Mitgliedstaat. Das zentrale Verbindungsbüro berücksichtigt das Ergebnis der Anhörung und entscheidet darauf nach seinem pflichtgemäßen Ermessen über die Weiterleitung.
Rz. 3
Gegenstand der spontanen Übermittlung können alle Informationen sein, die für andere Mitgliedstaaten für das Besteuerungsverfahren voraussichtlich erheblich sein können. Aus dem Katalog der zwingend spontan zu übermittelnden Informationen in § 8 Abs. 2 EUAHiG lässt sich ableiten, welche Art von Informationen als für den anderen Mitgliedstaat nützlich in Betracht kommen. Es kommen dabei jedoch nicht nur ähnliche Informationen, sondern alle die in Betracht, die für den anderen Mitgliedstaat von Nutzen sein können. Das Merkmal "von Nutzen sein können" in Abs. 1 deckt sich mit der Formulierung in Art. 9 Abs. 2 EU-Amtshilfe-Richtlinie 2011/16/EU. Gemeint ist damit, dass eine Übermittlung von Spontanauskünften nur dann zulässig ist, wenn die Information bei der Besteuerung im EU-Ausland nützlich sein kann. Letztlich muss die Spontanauskunft voraussichtlich erheblich für die Besteuerung im empfangenden Staat sein.
Rz. 4
Auch bei der spontanen Übermittlung sind die Informationen gem. § 17 Abs. 1 EUAHiG auf einem Standardformblatt weiterzuleiten. Soweit inländische Beteiligte betroffen sind, sind diese gem. § 117 Abs. 4 S. 3 AO vor der Übermittlung anzuhören. Die Ausnahme von dieser Anhörungspflicht in § 7 Abs. 8 EUAHiG gilt ausschließlich für die automatische Übermittlung von Informationen, nicht jedoch für die Spontanauskünfte. Entsprechend hatte der BFH im Fall einer Spontanauskunft beim Bestehen einer kleinen Auskunftsklausel in einem DBA (China) eine Anhörungspflicht bejaht.
Rz. 4a
Letztlich ergibt sich daraus für Spontanauskünfte folgende Prüfungsreihenfolge: Die Finanzbehörde, die die Spontanauskunft erteilen will, prüft, ob die zu erteilende Information für die anderen Mitgliedstaaten von Nutzen sein können, also für deren Besteuerungsverfahren voraussichtlich erheblich sind. Bejaht sie dies, übt sie ihr Ermessen i. S. d. § 5 AO aus und führt regelmäßig eine Anhörung beim inländischen Betroffenen durch. Anschließend leitet sie die Spontanauskunft an das BZSt als zentrales Verbindungsbüro weiter. Das BZSt prüft nur noch, ob die Voraussetzungen des EUAHiG erfüllt sind. Es darf nicht sein Ermessen an die Stelle der Finanzbehörde setzen, wohl aber übt das BZSt sein eigenes Ermessen hinsichtlich der Weitergabe der Information nach § 8 Abs. 1 S. 2 EUAHiG aus.