1 Überblick

 

Rz. 1

§ 4 StraBEG regelt den Hauptanreiz zur Abgabe einer strafbefreienden Erklärung, die in Aussicht gestellte Straffreiheit. Der Erklärende kann durch Abgabe einer strafbefreienden Erklärung und fristgerechte Zahlung der selbstberechneten Steuer Strafbefreiung im Hinblick auf alle damit in Zusammenhang stehenden Steuerstraftaten und -ordnungswidrigkeiten[1] erlangen. Den sachlichen Umfang der Strafbefreiung regelt § 4 Abs. 1 StraBEG abschließend. Somit gilt der Strafausschluss auch im Hinblick auf § 370a AO a. F. Eine Selbstanzeige hätte hingegen lediglich eine Strafmilderung und keine Strafbefreiung zur Folge (vgl. § 370a S. 3 AO a. F.).

2 Sachlicher Umfang der Strafbefreiung

 

Rz. 2

Die Strafbefreiung erstreckt sich nach § 4 Abs. 1 S. 1 StraBEG auf alle Taten i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 StraBEG, d. h. auf die vollendete Verkürzung von ESt, USt, GewSt, ErbSt, SchenkungSt, VSt oder Abzugsteuern zwischen dem 1.1.1993 und dem 31.12.2002, die einen der Tatbestände der § 370 AO, § 370a AO a. F., § 26c UStG er-

füllt. Durch § 6 StraBEG wird diese Regelung auch auf Steuerordnungswidrigkeiten nach §§ 378380 AO, § 26b UStG erweitert (vgl. § 6 StraBEG Rz. 1f.).

Die Strafbefreiung erstreckt sich ferner auf Zuschlagsteuern zur ESt, selbst wenn sich dies nicht aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 StraBEG ergibt (vgl. BMF v. 3.2.2004, IV A 4 – S 1928 – 18/04, BStBl I 2004, 225, Tz. 6.2).

Die Hinterziehung von anderen nicht aufgezählten Steuern (z. B. GrESt oder TabakSt) ist nicht amnestiefähig.

Aufgrund der strafrechtlichen Verjährung werden i. d. R. nur Steuerverkürzungen ab 1997 von Bedeutung sein. Sollte für weiter zurückliegende Delikte die Verjährung zwischenzeitlich unterbrochen worden sein, so ist zu untersuchen, ob durch § 7 StraBEG die straf- und bußgeldbefreiende Wirkung ausgeschlossen ist.

 

Rz. 2a

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des StraBEG ist allerdings das Vorliegen einer vollendeten Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit im obigen Sinn.

Ist die Tat noch nicht vollendet, so ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Abs. 1 S. 1 StraBEG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 StraBEG ("… und dadurch … (Steuern) verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat …"), dass insoweit keine Amnestiemöglichkeit besteht (ebenso Joecks, in F/G/J, Steuerstrafrecht, § 1 StraBEG Rz. 5f.). Hat ein Stpfl. z. B. für die Jahre 1997 bis 2002 falsche Steuererklärungen abgegeben, wurde die Erklärung für 2002 aber im Gegensatz zu den Vorjahren noch nicht veranlagt, so kann er zwar für den Zeitraum 1997 bis 2001 eine strafbefreiende Erklärung abgeben, für 2002 bleibt ihm hingegen nur die Möglichkeit einer Selbstanzeige[1]. Zum Verhältnis der strafbefreienden Erklärung zur Selbstanzeige vgl. § 7 StraBEG Rz. 17f., 20. Die gegenteilige Ansicht von Schwedhelm/Spatscheck, DStR 2004, 109, 113 überzeugt hingegen aufgrund des eindeutigen Wortlauts des StraBEG nicht. Ebenso geht das vorgebrachte Argument fehl, dass der Versuch als Minus in der Vollendung enthalten sei und deshalb das StraBEG auch auf den Versuch Anwendung finden müsse. Denn einerseits geht in obigem Beispiel die versuchte Steuerhinterziehung 2002 nicht in den vollendeten Taten 1997 bis 2001 auf und andererseits besteht im Hinblick auf die strafrechtlichen Wirkungen des StraBEG auch gar kein Bedürfnis für die Ausdehnung des Anwendungsbereichs, da der Stpfl. bei einer versuchten Steuerhinterziehung schon durch die Abgabe der Selbstanzeige ohne Weiteres straffrei wird. Eine Erstreckung der sich aus dem StraBEG ergebenden steuerlichen Folgen in Form der im Gegensatz zum normalen Steuersatz geringeren Abgeltungssteuer auf die noch nicht hinterzogenen Steuern wäre hingegen sinnwidrig und würde – entgegen der Ansicht von Schwedhelm/Spatscheck – auch nicht dem Sinn und Zweck des StraBEG entsprechen, denn es käme gerade nicht zu einer Mehrung, sondern zu einer Verringerung der Steuereinnahmen.

Zum Zeitpunkt der Vollendung bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen vgl. einerseits § 1 StraBEG Rz. 12; Joecks, in F/G/J, Steuerstrafrecht, § 1 StraBEG Rz. 8; andererseits Schwedhelm/Wulf, DStR 2005, 1167, 1170.

Kann der Stpfl. die Finanzverwaltung nicht überzeugen, dass eine vorsätzliche oder leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt, so könnte die Abgabe einer Amnestieerklärung dazu führen, dass sich die Besteuerung nach dem regulären Tarif richtet und ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wird, da durch die Erklärung[2] ein Steuervorteil in Form eines niedrigeren (Amnestie-)Steuersatzes erlangt wurde (vgl. BMF v. 20.7.2004, IV A 4 – S 1928 – 94/04, DStR 2004, 1387, Frage 1; Meyer, PStR 2004, 127; vgl. auch § 4 StraBEG Rz. 2a).

Diese Problematik kann allerdings wohl kaum zum Tragen kommen, da der Stpfl. bei Erkennen seines Fehlers zu einer Berichtigung nach § 153 AO verpflichtet ist[3]. Nimmt er die gebotene unverzügliche Berichtigung nicht vor, so verwirklicht er damit den Straftatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen[4].

Es ist allerdings möglich, dass der Stpfl. seinen Fe...

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