Björn Rottpeter, Dr. Karsten Webel
1 Regelungsgehalt
Rz. 1
Entsprechend der Absicht des Gesetzgebers, dem Bürger bei Abgabe einer strafbefreienden Erklärung und Zahlung eine umfassende Strafbefreiung und Befreiung von Geldbußen zu gewähren, dehnt § 6 StraBEG den Anwendungsbereich des StraBEG auch auf folgende Steuerordnungswidrigkeiten aus:
- leichtfertige Steuerhinterziehung gemäß § 378 AO,
- Steuergefährdung nach § 379 AO,
- Gefährdung von Abzugsteuern gemäß § 380 AO,
- Schädigung des USt-Aufkommens nach § 26b UStG.
Dieser Katalog ist abschließend.
2 §§ 379, 380 AO
Rz. 2
Im Gegensatz zur strafbefreienden Erklärung, die auch diese Delikte erfasst, ist eine Selbstanzeige bezüglich der Steuergefährdungsdelikte der §§ 379, 380 AO nicht möglich. Somit hat der Stpfl. nur auf dem Weg einer strafbefreienden Erklärung die Möglichkeit, eine Verfolgung wegen der Steuergefährdungsdelikte auszuschließen. Zwar soll nach BMF v. 29.7.1981, IV A 8 — S0711 — 3/81 eine Steuergefährdung grundsätzlich nicht verfolgt werden, wenn der Täter bezüglich einer damit zusammenhängenden Tat nach § 370 AO oder § 378 AO Straf- und Bußgeldfreiheit erlangt hat. Im Erlass wird allerdings die grundsätzliche Ahndungsmöglichkeit betont und bei hohen Beträgen findet in der Praxis unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls eine Verfolgung statt, was vom BVerfG nicht beanstandet wird.
Da § 379 AO Handlungen erfasst, die zur Vorbereitung von Steuerhinterziehungen geeignet sind, gewinnt der Ausschluss durch § 6 StraBEG vor allem für Teilnehmer der Steuerhinterziehung Bedeutung, die z. B. falsche Quittungen ausgestellt haben.
3 Weitere Steuerordnungswidrigkeiten nach der AO
Rz. 3
Von der Aufzählung des § 6 StraBEG sind § 381 AO (Verbrauchsteuergefährdung), § 382 AO (Gefährdung von Eingangsabgaben) und § 383 AO (Unzulässiger Erwerb von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen) nicht erfasst.
Da es sich bei § 381 AO um eine lex specialis zu § 380 AO handelt, ergibt sich aus § 6 StraBEG kein Ausschluss der Verbrauchsteuergefährdung. Auch nach § 381 Abs. 2 Hs. 2 AO ist kein Ausschluss gegeben, da im Fall einer strafbefreienden Erklärung und der Zahlung der Abgabe die Handlung gemäß § 6 StraBEG gerade nicht nach § 378 AO geahndet werden kann; § 5 StraBEG ist insoweit nicht anwendbar. Folglich ist eine Verfolgung nach den §§ 381 — 383 AO auch bei Vorliegen einer strafbefreienden Erklärung und fristgerechter Zahlung möglich.
4 Weitere Regelungen nach dem OWiG
Rz. 4
Auch für § 130 OWiG gelten die §§ 1 — 5 StraBEG nicht entsprechend, da es an einer ausdrücklichen Regelung in § 6 StraBEG fehlt. Folglich kann die neben den §§ 378ff. AO häufig vorliegende Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben verfolgt werden.
Aufgrund der Regelung des § 30 Abs. 4 S. 3 OWiG ist allerdings eine Ahndung nach § 30 OWiG generell ausgeschlossen, da die steuerrechtliche Anlasstat bei Vorliegen einer wirksamen strafbefreienden Erklärung aus Rechtsgründen nicht verfolgt werden kann. Ist die Amnestieerklärung jedoch unvollständig, so sind die Verhängung einer Geldbuße in einem selbstständigen Verfahren und ihre Bemessung nach dem ursprünglichen wirtschaftlichen Vorteil möglich (ebenso Tormöhlen/Klepsch, wistra 2003, 362, 368; zweifelnd hingegen Joecks, in F/G/J, Steuerstrafrecht, § 6 StraBEG Rz. 6).