Rz. 9
Die strafbefreiende Wirkung der Erklärung ist auch ausgeschlossen, wenn nur einem der Tatbeteiligten oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bereits bekannt gegeben wurde und der Erklärende dies wusste oder damit rechnen musste.
Der Gesetzgeber wollte durch diese Regelung quasi das Spiegelbild zu der in persönlicher Hinsicht weitreichenden Strafbefreiung durch § 4 Abs. 2 StraBEG schaffen: Da alle Tatbeteiligten durch eine Erklärung Straf- und Bußgeldfreiheit erlangen können, sollen sie auch die Sperrwirkung umfassend gegen sich gelten lassen müssen.
Rz. 10
Daraus ergibt sich in komplexen Verfahren und insbesondere bei der Beteiligung institutioneller Organisationen für den Erklärenden das Problem, dass er nicht in der Lage ist, diesen Kreis zu überblicken. Denn es reicht nach dem klaren Wortlaut bereits die Einleitung gegenüber einem Gehilfen oder seinem Vertreter, um die Sperrwirkung gegenüber allen Tatbeteiligten auszulösen. Der Lebenssachverhalt, aus dem sich das Verhältnis zwischen den beiden Tatbeteiligten ergibt, muss der Finanzbehörde zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung noch nicht bekannt sein. Mitunter kann sich der Erklärende in solchen Fällen vom Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung bis zur endgültigen strafrechtlichen Verjährung nicht sicher sein, ob für ihn tatsächlich Straf- und Bußgeldfreiheit eingetreten ist.
Diese Problematik wurde jedoch durch die Angleichung der Formulierung des § 7 S. 1 Nr. 2 StraBEG an die des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO im Hinblick auf den Kenntnisstand des Erklärenden weitgehend entschärft. Die Sperrwirkung der Verfahrenseinleitung greift demnach nur, wenn der Erklärende von der Einleitung gegen einen Tatbeteiligten wusste oder damit rechnen musste.
Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung Dritter lösen die Ausschlusswirkung nicht aus.
Sofern einem Tatbeteiligten oder seinem Vertreter vor Eingang einer strafbefreienden Erklärung wegen einer Tat i. S. d. § 1 Abs. 1 S. 1 StraBEG oder einer Handlung i. S. d. § 6 StraBEG die Einleitung des Straf- oder Bußgeldverfahrens bekannt gegeben wurde und er dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, so gilt die Ausschlusswirkung unabhängig von der vorgeworfenen Beteiligungsform. Folglich entfaltet eine strafbefreiende Erklärung, in der der Tatbeteiligte lediglich eine andere Beteiligungsform anzeigt, keine Wirkung; vgl. BFH v. 28.6.2007, IX B 183/06, BFH/NV 2007, 1808.
Zur strafbefreienden Erklärung nach Verfahrensabschluss vgl. § 7 StraBEG Rz. 22.
Rz. 10a
Problematisch ist der sachliche Umfang der Ausschlusswirkung gem. § 7 S. 1 Nr. 2 StraBEG. Das Niedersächsische FG geht davon aus, dass der Begriff der Tat insoweit normspezifisch zu definieren sei, sodass er sich nicht nach Steuerart, Besteuerungszeitraum und Stpfl. bestimme, sondern der konkrete Inhalt der Mitteilung maßgeblich sei. Beschränke sich eine bekannt gegebene Verfahrenseinleitung auf eine bestimmte Einkunftsart, so sei auch nur insoweit die Straffreiheit ausgeschlossen. Diese Auslegung ist getragen von dem Bestreben, den Bereich der Straffreiheit möglichst weit auszudehnen, sodass sie vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des BGH zu § 371 Abs. 2 AO erheblichen Bedenken ausgesetzt ist. Auch bestehen an der Übertragbarkeit der normspezifischen Auslegung des § 7 S. 1 Nr. 1b StraBEG auf § 7 S. 1 Nr. 2 StraBEG erhebliche Zweifel, da Nr. 2 typisierend auf die Verfahrenseinleitung als Manifestation des Entdeckungsrisikos abstellt, und nicht auf den konkreten Ablauf des Verfahrens. Folglich hat der BFH auch festgestellt, dass sich die Reichweite des Sperrgrunds des § 7 S. 1 Nr. 2 StraBEG – ebenso wie bei § 371 Abs. 2 Nr. 1b AO a. F. – nach den in der Einleitungsverfügung genannten Steuerarten und Besteuerungszeiträumen bestimmt. Eine Begrenzung auf einzelne unselbstständige Besteuerungsgrundlagen kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Strafverfolgungsbehörde ihren Verdacht nur auf einen bestimmten Lebenssachverhalt (z. B. unzutreffende Erklärung von Mieteinnahmen oder Zinseinkünften) stützt. Darüber hinaus ist eine konkrete Entdeckung der Tat im Rahmen der Nr. 2 und im Gegensatz zu Nr. 1b gerade nicht erforderlich, sodass es für das Eingreifen der Sperrwirkung ausreichen muss, wenn die bisher verheimlichte Steuerquelle nach dem normalen Lauf der Dinge alsbald entdeckt werden würde. Mithin greift die Ausschlusswirkung auch für solche Taten ein, die zwar vom Wortlaut der Verfahrenseinleitung nicht erfasst sind, aber mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand in sachlichem Zusammenhang stehen. Folglich greift der Ausschluss auch für all die Sachverhalte, bei denen ausgehend vom bisherigen Ziel des Verfahrens und den steuerlichen Gegebenheiten des Beschuldigten bei üblichem Gang der Ermittlungen zu erwarten ist, dass sie in die Überprüfung einbezogen werden.