Prof. Dr. Gerrit Frotscher
2.1 Feststellungsbescheid und Steuerbescheid
Rz. 4
Das Wesen eines Steuerbescheids besteht darin, dass in ihm eine Steuer nach Art und Betrag festgesetzt wird. Dagegen werden in einem Feststellungsbescheid einzelne Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt; Tenor eines Feststellungsbescheids ist also nicht eine Steuer, sondern die Feststellung einer Besteuerungsgrundlage. Feststellungsbescheide enthalten daher eine Ausnahme von der grundsätzlichen Regelung des § 157 Abs. 2 AO, wonach Besteuerungsgrundlagen unselbstständige Bestandteile des Steuerbescheids sind und über sie regelmäßig nicht bestandskräftig entschieden wird. Soweit das Gesetz den Erlass eines Grundlagenbescheids vorsieht, wird entgegen der Regelung des § 157 Abs. 2 AO über Besteuerungsgrundlagen selbständig und bestandskräftig entschieden.
2.2 Gesonderte Feststellungen nach der AO
Rz. 5
Bei den Vorschriften der AO und der Einzelsteuergesetze ist zu unterscheiden zwischen Vorschriften, die bestimmen, welche Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen sind, und den Verfahrensregelungen zur Feststellung, ihren Rechtswirkungen und der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids. Die Verfahrensregelungen sind in §§ 179, 181-183 AO enthalten. Sie gelten für alle Feststellungsbescheide, auch die in Steuergesetzen außerhalb der AO geregelten.
Rz. 6
Die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ist angesichts der grundsätzlichen Regelung des § 157 Abs. 2 AO sowie des § 179 Abs. 1 AO nur zulässig, wenn hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage besteht. Die Vorschriften der AO und der Einzelsteuergesetze über die Zulässigkeit von gesonderten Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen sind daher abschließende Regelungen. Besteht keine gesetzliche Grundlage für eine gesonderte Feststellung, können Besteuerungsgrundlagen nicht bestandskräftig festgestellt werden. Sie können dann auch nicht gesondert angefochten werden.
Rz. 7
§ 180 AO enthält die Zulässigkeitsregelungen für einige besonders wichtige gesonderte Feststellungen. Daneben schafft § 60a AO die Voraussetzungen einer gesonderten Feststellung über die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen bei steuerbegünstigten Körperschaften nach §§ 51ff. AO.
Im Rahmen einer Außenprüfung können einzelne ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1a AO in einem Teilabschlussbescheid gesondert festgestellt werden.
Nach § 239 Abs. 3 AO sind die Grundlagen für die Festsetzung von Zinsen gesondert festzustellen, soweit diese an Sachverhalte anknüpfen, die als Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden. Jedoch ist auf diesen Grundlagenbescheid § 171 Abs. 10 AO nicht anzuwenden. Die Rechtsprechung sieht in § 239 Abs. 1 AO ein geschlossenes System, das § 171 Abs. 10 AO verdrängt.
Die Festsetzung von Steuermessbetrages nach § 184 Abs. 1 AO für GewSt und GrSt ist ebenfalls ein Grundlagenbescheid.
Für das Insolvenzverfahren sieht § 251 Abs. 3 AO vor, dass das FA Steuerforderungen, die Insolvenzforderungen sind, gesondert feststellt, wenn die Anmeldung zur Tabelle bestritten wird. Der Feststellungsbescheid nach § 251 Abs. 3 AO ist allerdings kein Grundlagenbescheid, da er nicht auf eine Steuerfestsetzung – den Erlass eines Steuerbescheids – gerichtet ist, sondern auf die Geltendmachung der Steuerforderung im Insolvenzverfahren. Für die Festsetzungsverjährung gilt daher nicht § 171 Abs. 10 AO, sondern § 171 Abs. 13 AO.
Der Sache nach enthält auch die Feststellung von Steuermessbeträgen eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Sie haben in § 184 AO eine Sonderregelung erfahren.
2.3 Gesonderte Feststellungen außerhalb der AO
2.3.1 Gesonderte Feststellungen nach dem EStG
Rz. 8
§ 2a Abs. 1 S. 5 EStG: Nach dieser Vorschrift können bestimmte ausländische Verluste nur mit Verlusten derselben Art aus demselben Staat ausgeglichen werden. Danach nicht ausgeglichene Verluste können vorgetragen werden und sind zum Schluss jedes Kalenderjahrs gesondert festzustellen.
Rz. 9
§ 3a Abs. 4 EStG: Hat eine gesonderte Feststellung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständige Arbeit zu erfolgen, ist auch die Höhe des Sanierungsertrags und die Höhe der nach Abs. 3 S. 2 Nr. 1-6, 13 EStG mindernden Beträge gesondert festzustellen. Es handelt sich nicht um eine selbständige Feststellung. Vielmehr sind die genannten Besteuerungsgrundlagen in die Feststellungen nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, b EStG einzubeziehen. Es handelt sich daher um eine Erweiterung des Regelungsbereichs der genannten Feststellungen.
Rz. 10
§ 4h Abs. 4 EStG: Gesondert festgestellt werden der EBITDA-Vortrag und der verbleibende Zinsvortrag. Die Feststellu...