Prof. Dr. Gerrit Frotscher
4.1 Betriebsprüfung (Steuer)
Rz. 25
Die Betriebsprüfung (Steuer) als besondere Art der Außenprüfung für Besitz- und Verkehrsteuern und die GewSt sind gesetzlich nicht besonders geregelt; für sie gelten die allgemeinen Vorschriften über die Außenprüfung. Die Abgrenzung und nähere Ausgestaltung erfolgen durch die Betriebsprüfungsordnung (Steuer) – BpO; vgl. Rz. 26. Nach § 1 BpO ist die Betriebsprüfung als die allgemeine Außenprüfung definiert, von der die besonderen Außenprüfungen unterschieden sind. Unter Hinzunahme des § 2 BpO lässt sich die Betriebsprüfung als die Prüfung von Stpfl. verstehen, die einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten oder freiberuflich tätig sind. Aufgabe der Betriebsprüfung sind danach die turnusmäßigen Vollprüfungen der periodischen Besitz- und Verkehrsteuern und der GewSt, regelmäßig für mehrere Besteuerungszeiträume. Erfasst werden danach in erster Linie ESt und KSt, GewSt und USt als jährliche Veranlagungssteuern.
Rz. 26
Für die Betriebsprüfung enthält die BpO nähere Bestimmungen. Es handelt sich um eine allgemeine Verwaltungsvorschrift nach Art. 108 Abs. 7 GG, die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats erlassen wurde. Die BpO hat keine Gesetzeskraft; sie ist in erster Linie eine Dienstanweisung für die Finanzbehörden, deren Verhalten sie regelt, und kann den Stpfl. nicht binden. Soweit sie jedoch den für die Verwaltung bestehenden Ermessensspielraum durch für den Stpfl. günstige Regeln ausfüllt, entfaltet sie eine gewisse Außenwirkung. Da die Finanzbehörden sich regelmäßig an die Bestimmungen der BpO halten, wäre es ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, Art. 3 GG, und damit ermessensfehlerhaft, wenn sie in Einzelfällen ohne sachlichen Grund hiervon abweichen würden. In diesem Rahmen kann sich auch der Stpfl. auf die Regelungen der BpO berufen (Selbstbindung der Verwaltung).
Rz. 26a
Daraus folgt jedoch auch, dass die Verwaltung aus sachlichen Gründen von der Regelung der BpO abweichen kann. Da der Grundsatz der Gleichbehandlung nur die Gleichbehandlung gleichgelagerter Sachverhalte erfordert, ist eine Ungleichbehandlung aus sachlichen Gründen ermessensfehlerfrei.
Zur Selbstbindung vgl. auch BFH v. 23.7.1985, VIII R 197/84, BStBl II 1986, 36, wonach nur Anweisungen der örtlich, sachlich und funktionell zuständigen Behörde die Wirkung der Selbstbindung hervorbringen, nicht aber Anweisungen der Behörden des einen Bundeslands für die Behörden eines anderen Bundeslands.
Rz. 26b
Die Bemühungen, das Verfahren der Außenprüfung zu beschleunigen, haben zur Einführung der "zeitnahen Betriebsprüfung" in § 4a BpO/St geführt. Zeitnahe Betriebsprüfungen sollen für Außenprüfungen durchgeführt werden, die nach dem 1.1.2012 angeordnet werden. Eine zeitnahe Betriebsprüfung soll vorliegen, wenn der Prüfungszeitraum einen oder mehrere zeitnahe Besteuerungszeiträume umfasst. Was "zeitnah" ist, wird nicht definiert. Ob eine Prüfung als "zeitnah" durchgeführt wird, liegt in der Ermessensentscheidung der Finanzbehörde. Dem Stpfl. steht kein Anspruch hierauf zu. Grundlage der Prüfung sind die Steuererklärungen; wie bei anderen Betriebsprüfungen werden also auch bei der zeitnahen Betriebsprüfung i. d. R. Zeiträume geprüft, für die bereits Steuererklärungen vorliegen. Das lässt Prüfungen schon im Vorfeld der Erstellung von Steuererklärungen nicht zu. Besondere Regelungen über den Prüfungszeitraum enthält die Vorschrift nicht. Obwohl sich für die zeitnahe Außenprüfung kürzere, u. U. sogar nur ein Jahr umfassende Prüfungszeiträume anbieten würden, belässt es die Vorschrift bei der Regelung des Prüfungsturnus in § 4 BpO/St und schränkt die Selbstbindung damit nicht ein. Über das Ergebnis der zeitnahen Betriebsprüfung ist ein Prüfungsbericht oder eine Mitteilung nach § 202 AO anzufertigen. Die Regelung des § 4a BpO/St enthält somit keine für zeitnahe Betriebsprüfungen spezifischen Bestimmungen. Die Vorschrift stellt daher nur eine Absichtserklärung dar, Betriebsprüfungen so weit wie möglich zeitnah durchzuführen. Eine besondere Prüfungsart kann darin nicht gesehen werden. Eine besondere Rechtsgrundlage ist dafür nicht erforderlich. Insgesamt ist die Regelung nichtssagend und angesichts der Diskussion über ein modernes Tax Controlling ungenügend.