Rz. 7
Das Steuerstrafrecht erfasst ausschließlich die Hinterziehung von Steuern i. S. von § 3 Abs. 1 bis 3 AO und die Erschleichung von Steuervorteilen (Erlass, Stundung usw.), so dass Manipulationen von steuerlichen Nebenleistungen i. S. d. § 3 Abs. 4 AO nicht tatbestandsmäßig ist. Insoweit handelt es sich auch nicht um einen strafbaren Betrug. Das Erschleichen von Subventionen oder Investitionszulagen erfüllt einen eigenen Straftatbestand.
Das Steuerstrafrecht ist darüber hinaus – wie sich aus § 1 Abs. 1 AO i. V. mit § 3 AO ergibt – nur anwendbar auf Steuern, die durch Bundes- oder EU-Recht geregelt sind und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden sowie auf die Realsteuern. Daraus ergibt sich, dass das Steuerstrafrecht nicht unmittelbar auf Kirchensteuer, Landes- und Gemeindesteuern anwendbar ist.
Rz. 8
Die AO – und damit auch das im 8. Teil der AO geregelte Steuerstraf- und -ordnungswidrigkeitenrecht – ist nicht unmittelbar anwendbar auf Landes-, Gemeinde- und KiSt. Deshalb verweisen die Landesgesetze zum Schutz der Landes- und Gemeindesteuern in der Regel auf die §§ 369ff. AO, wobei es sich meist um pauschale Verweisungen, ausnahmsweise aber auch um Verweisungen auf einzelne Vorschriften handelt. Auch Fehlverhalten hinsichtlich der KiSt könnte nur nach §§ 369–412 AO geahndet werden, wenn und soweit die Vorschriften durch entsprechendes Gesetz für anwendbar erklärt worden wären. Im Hinblick auf die Kirchensteuer wurde hingegen mittlerweile in allen Bundesländern auf entsprechende Verweise verzichtet.
Keine Besonderheiten ergeben sich nach h. M. hingegen für die Hinterziehung des Solidaritätszuschlags, da es sich beim Solidaritätszuschlag um eine echte Steuer i. S. d. § 3 Abs. 1 AO handelt.
Rz. 9
Die Regelungen des Steuerstrafrechts gelten nur für den deutschen Steueranspruch einschließlich der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Art. 5 Nr. 20 und 21 UZK. Durch § 370 Abs. 6 AO wird der Anwendungsbereich des § 370 AO jedoch auf bestimmte ausländische Steuern erweitert, nämlich auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen sowie Umsatzsteuern oder harmonisierte Verbrauchsteuern, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.
§ 370 Abs. 6 AO erfasst nur die ausdrücklich genannten ausländischen Steuern, die von einem der bezeichneten Staaten verwaltet werden bzw. ihm zustehen. Es genügt, dass diese Steuern irgendeinem dieser Länder zustehen. Bezüglich der in den betroffenen Ländern erhobenen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben ist jeweils zu überprüfen, ob sie mit den in der Norm genannten Steuern deckungsgleich sind, d. h. ob die jeweilige Rechtsnorm im Vergleich zum deutschen Steuerrecht tatsächlich die Erhebung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben regelt.
Rz. 10
Steuerhinterziehungen werden nicht nur auf dem Gebiet der Bundesrepublik begangen, sondern – insb. im Bereich der USt – zunehmend staatenübergreifend. Strafbar ist allerdings nach § 3 StGB grundsätzlich nur die im Inland begangene Steuerhinterziehung, wobei die Nationalität des Tatbeteiligten unerheblich ist. Als Reaktion darauf erweitert § 370 Abs. 7 AO die Strafbarkeit der Steuerhinterziehung auf Auslandstaten, indem er insb. die Anwendung des § 370 Abs. 6 AO ermöglicht, um sicherzustellen, dass die Ahndungsmöglichkeiten der deutschen Strafverfolgungsorgane nicht an den deutschen Grenzen enden. § 370 Abs. 7 AO ist allerdings nur anwendbar, wenn die Tat nicht im Inland begangen wurde und § 369 Abs. 2 AO i. V. m. §§ 4–7 StGB nicht eingreift. Der Ort der Tat wird durch § 9 StGB bestimmt. Die Hinterziehung deutscher Steuern ist allerdings stets eine Inlandstat, auch wenn der Täter im Ausland gehandelt hat.