2.1 Materielles Recht der Ordnungswidrigkeiten
Rz. 3
Neben der Abgabenordnung – mit den dort in den §§ 378–383 AO geregelten Ordnungswidrigkeiten – enthalten auch die Einzelsteuergesetze zahlreiche Steuerordnungswidrigkeiten. Darüber hinaus handelt es sich auch bei untergesetzlichen Normen, die sich mit Zöllen oder Abschöpfungen beschäftigen, um Steuergesetze, die Zollordnungswidrigkeiten und damit "Steuerordnungswidrigkeiten" i. S. d. § 377 Abs. 1 AO enthalten. Als Steuerordnungswidrigkeiten sind anzusehen:
- Leichtfertige Steuerverkürzung, § 378 AO,
- Steuergefährdung, § 379 AO,
- Gefährdung von Abzugsteuern, § 380 AO,
- Verbrauchsteuergefährdung, § 381 AO, bei Verstößen gegen Pflichten nach den Verbrauchsteuergesetzen, z. B. § 24 KaffeStG, § 30 BierStG, § 64 EnergieStG, § 35 SchaumwZwStG, §§ 36, 37 TabakStG, § 158 BranntwMonG,
- Gefährdung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, § 382 AO,
- unzulässiger Erwerb von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen, § 383,
- zweckwidrige Verwendung des Identifikationsmerkmals nach §§ 139a, 383a AO,
- Verstoß gegen umsatzsteuerliche Ordnungsvorschriften, § 26a UStG,
- Unterlassene oder nicht vollständige Entrichtung der in einer Rechnung i. S. d. § 14 UStG ausgewiesenen USt zum Fälligkeitszeitpunkt, 26b UStG,
- Verstoß gegen Mitwirkungspflichten gem. §§ 50e Abs. 1, 50 f und 96 Abs. 7 EStG,
- Verstoß gegen § 33 Abs. 4 ErbStG.
Rz. 4
Der Anwendungsbereich der Abgabenordnung erstreckt sich aufgrund spezieller gesetzlicher Zuständigkeitsbestimmungen darüber hinaus auch auf bestimmte andere Ordnungswidrigkeiten, obwohl es sich bei ihnen nicht um Steuerordnungswidrigkeiten i. S. d. § 377 Abs. 1 AO handelt. Insoweit sind zu nennen:
Bei diesen Zuwiderhandlungen gelten die abgabenrechtlichen Bußgeldbestimmungen der AO entsprechend.
Rz. 5
Daneben enthalten das StBerG und das OWiG weitere Bußgeldtatbestände, bei denen es sich auch nicht um Steuer- bzw. Zollordnungswidrigkeiten handelt, für deren Verfolgung jedoch trotzdem die Finanzbehörde zuständig ist:
- §§ 160–163 StBerG, auf die gem. § 164 StBerG die Abgabenordnung entsprechend anwendbar ist,
- § 111 OWiG, für den sich die zuständige Bußgeldbehörde aus dem Landesrecht ergibt, sodass die Finanzbehörde zuständig ist, wenn die Ordnungswidrigkeit ihr gegenüber begangen wurde, und
- Ordnungswidrigkeiten gem. § 130 OWiG, auf die gem. § 131 Abs. 3 OWiG aufgrund der Sachnähe zwischen der Verletzung der Aufsichtspflicht und dem Steuerrecht das Verfahrensrecht der AO ebenfalls entsprechend anwendbar sein kann.
2.2 Formelles Recht der Ordnungswidrigkeiten
Rz. 6
In den §§ 409–412 AO finden sich Sonderregelungen bezüglich des formellen Rechts der Steuerordnungswidrigkeiten, die Vorrang genießen vor den allgemeinen Vorschriften in anderen Gesetzen. Da das Bußgeldverfahren in der Abgabenordnung jedoch nicht abschließend geregelt ist, finden gem. § 410 AO die verfahrensrechtlichen Vorschriften des OWiG für das Bußgeldverfahren in Steuersachen entsprechende Anwendung. Aufgrund § 46 Abs. 1 OWiG sind somit auch die allgemeinen Vorschriften über das Strafverfahren – namentlich die StPO, das GVG, das JGG und das JVEG – subsidiär sinngemäß anwendbar.
Daraus ergibt sich im Hinblick auf die anzuwendenden Vorschriften folgende Abstufung: