Rz. 85
Wer unbefugt die Berufsbezeichnung als "Rechtsanwalt, Patentanwalt, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter" führt, verwirklicht den objektiven Tatbestand des § 132a Abs. 1 Nr. 2 StGB und macht sich mithin möglicherweise strafbar. Die unbefugte Nutzung der Bezeichnung als "Lohnsteuerhilfeverein", "Landwirtschaftliche Buchstelle", "Steuerberatungsgesellschaft" oder einer verwechslungsfähigen ähnlichen Bezeichnung erscheint dem Gesetzgeber offensichtlich als weniger schwerwiegend, sodass in diesen Fällen nur der Bußgeldtatbestand des § 161 StBerG einschlägig ist.
Wie § 132a StGB schützt aber auch § 161 StBerG die Allgemeinheit, die darauf vertraut, dass der Benutzer über die zum Ausdruck gebrachte Qualifikation tatsächlich verfügt.
Rz. 86
Zum Verwechseln ähnliche Begriffe, deren Verwendung deshalb ebenfalls unzulässig ist, liegen z. B. vor bei der Bezeichnung als "Lohnsteuerhilfeverwaltungs-GmbH", "Steuerberatungsgemeinschaft der Arbeitnehmer", "Lohnsteuerberater", "Lohnsteuerberatungsverein" oder "Lohnsteuerberatungsgesellschaft", "Land- und/oder Forstwirtschaftliche Buchstelle" sowie "Buchstelle für Landwirte".
Rz. 87
§ 161 StBerG sanktioniert die unbefugte Benutzung der obigen Begriffe. Eine solche Benutzung liegt vor, wenn die Bezeichnung im sozialen Leben in Anspruch genommen wird. Dies kann z. B. erfolgen durch den Aufdruck auf Visitenkarten oder Briefbögen, am Briefkasten oder auf einem Praxisschild sowie durch die Eintragung in Telefon- oder Adressbüchern. Selbst ein einmaliger Gebrauch kann bereits zur Verwirklichung des Tatbestands ausreichen, wenn dadurch – vor dem Interesse des Schutzzwecks der Norm – die Interessen der Allgemeinheit berührt werden. Die für die Verwirklichung des Tatbestands erforderliche Außenwirkung fehlt hingegen, wenn die geschützten Bezeichnungen im privaten Bereich gebraucht werden. Ebenso liegt im bloße Dulden der Anrede mit der geschützten Bezeichnung durch Dritte kein tatbestandliches Benutzen.
Rz. 88
Unbefugt ist das Führen der jeweiligen geschützten Bezeichnungen, wenn die Gesellschaft nicht gem. §§ 49ff. StBerG als Steuerberatungsgesellschaft bzw. der Verein nicht gem. §§ 13ff. StBerG als Lohnsteuerhilfeverein anerkannt oder die jeweilige Anerkennung erloschen, zurückgegeben oder widerrufen worden ist. Auch im Hinblick auf die Bezeichnung als Landwirtschaftliche Buchstelle gilt, dass die Benutzung unbefugt ist, wenn sie vor dem Wirksamwerden der Verleihung bzw. nach Erlöschen, Rücknahme oder Widerruf der Befugnis zur Führung gem. § 44 Abs. 6 StBerG erfolgt.
Rz. 89
Täter einer Ordnungswidrigkeit nach § 161 StBerG dürften vor allem gem. § 9 OWiG die zur Vertretung der die geschützte Bezeichnung unberechtigt benutzenden Gesellschaften und Vereinigungen befugten Personen sein. Es kann allerdings auch jeder andere Täter sein, der die Bezeichnung unbefugt benutzt oder benutzen lässt.
Rz. 90
§ 161 StBerG ist lediglich auf vorsätzliches Handeln anwendbar, wobei allerdings bedingter Vorsatz ausreichend ist. Der Täter muss somit die Tatsachen kennen, aus denen sich ergibt, dass die Bezeichnung nicht benutzt werden darf. Wird eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung i. S. d. § 161 Abs. 1 AO benutzt, so muss der Täter wissen, dass die von ihm oder von der Gesellschaft geführte Bezeichnung einer der in § 161 StBerG geschützten ähnlich ist.
Rz. 91
Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von 5 EUR gem. § 17 Abs. 1 OWiG bis zu 5.000 EUR gem. § 161 Abs. 2 StBerG geahndet werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass bei mehrfachem Benutzen einer geschützten Bezeichnung i. S. d. § 161 Abs. 1 StBerG aufgrund des einheitlichen Entschlusses lediglich eine natürliche Handlungseinheit vorliegt und damit nur eine einzige Zuwiderhandlung gegen § 161 StBerG geahndet werden kann. Bestehen hingegen größere zeitliche Intervalle zwischen den Nutzungen, so ist vom Vorliegen von Tatmehrheit nach § 20 OWiG auszugehen. Häufig werden Verstöße gegen § 161 StBerG gemeinsam mit der unbefugten Hilfeleistung i. S. d. § 160 StBerG begangen, sodass in diesen Fällen Tateinheit i. S. d. § 19 OWiG besteht.
Verfolgungsverjährung tritt gem. § 31 Abs. 2 Nr. 2 OWiG nach zwei Jahren ein.