2.1 Finanzbehörde
Rz. 6
Die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Verwaltungsbehörden und Justizorganen (Gericht, Staatsanwaltschaft) für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten regelt § 36 Abs. 1 Nr. 1 OWiG dahingehend, dass die sachliche Zuständigkeit bei der durch Gesetz bestimmten Verwaltungsbehörde liegt. Für Steuerordnungswidrigkeiten weist § 409 AO dementsprechend der Finanzbehörde die sachliche Zuständigkeit zu.
Im Ermittlungs- bzw. Vorverfahren wegen Steuerordnungswidrigkeiten stehen der Finanzbehörde ähnlich umfassende Ermittlungsrechte zu wie im Strafverfahren. So können z. B. gem. § 53 OWiG Beschlagnahmen, Durchsuchungen und Vernehmungen durchgeführt werden.
2.2 Staatsanwaltschaft
Rz. 7
Der Staatsanwaltschaft steht bei Ordnungswidrigkeiten prinzipiell keine originäre Verfolgungskompetenz zu. Eine praxisrelevante Ausnahme besteht lediglich, wenn eine Tat im strafprozessualen Sinn sowohl Straf- als auch Bußgeldtatbestände erfüllt. Ist dies der Fall, ist die Staatsanwaltschaft gem. § 40 OWiG auch zur Ahndung etwaiger Ordnungswidrigkeiten berufen. Dies ergibt sich daraus, dass dem Strafverfahren stets Vorrang zukommt und die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren und die rechtliche Würdigung unter allen rechtlichen Gesichtspunkten durchzuführen hat.
§ 40 OWiG setzt keine Übernahme des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft voraus, sodass die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft unmittelbar gegeben ist. Stellt sich während des schwebenden Ermittlungsverfahrens heraus, dass kein Verdacht einer Straftat mehr besteht, sondern dass es sich stattdessen um eine Steuerordnungswidrigkeit handelt, oder wird das Ermittlungsverfahren wegen der Straftat im Gegensatz zum steuerlichen Bußgeldverfahren eingestellt, so entfällt die Ermittlungskompetenz der Staatsanwaltschaft. Sie muss folglich gem. § 43 OWiG das Verfahren an die zuständig gewordene Finanzbehörde abgeben.
Ergeben sich im Rahmen von Ermittlungen wegen des Verdachts einer Steuerordnungswidrigkeit hingegen Anhaltspunkte dafür, dass auch ein Straftatbestand erfüllt sein könnte, muss die Finanzbehörde gem. § 41 Abs. 1 OWiG das Verfahren zwingend an die Staatsanwaltschaft abgeben. Besteht hingegen lediglich der Verdacht einer Steuerstraftat, ist die Abgabe nicht erforderlich, da die Finanzbehörde gem. § 386 Abs. 2 AO insoweit selbst zur Strafverfolgung berufen ist.
Darüber hinaus hat die Staatsanwaltschaft gem. § 42 OWiG auch die Möglichkeit, Bußgeldverfahren der Finanzbehörden an sich zu ziehen, wenn zwischen dem Straf- und dem Bußgeldverfahren ein persönlicher oder sachlicher Zusammenhang besteht.
Divergieren die rechtlichen Beurteilungen eines bestimmten Sachverhalts durch Staatsanwaltschaft und Finanzbehörde, so gebührt der Auffassung der Staatsanwaltschaft gem. § 44 OWiG der Vorrang.
Die umfassende Zuständigkeit für das Bußgeldverfahren geht darüber hinaus auch dann auf die Staatsanwaltschaft über, wenn der Betroffene gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hat und die Finanzbehörde den Bescheid nicht zurücknimmt oder als unzulässig verwirft, vgl. § 69 Abs. 3, 4 OWiG.
2.3 Gerichte
Rz. 8
Bei einem Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid in einer steuerlichen Bußgeldsache sind gem. § 68 Abs. 1, 2 OWiG stets die Amtsgerichte zuständig. Es entscheidet der Einzelrichter. Örtlich zuständig ist gem. § 410 Abs. 1 Nr. 2 AO i. V. m. § 391 Abs. 1 AO das Amtsgericht am Sitz des Landgerichts. Bei den Amtsgerichten müssen gem. § 46 Abs. 7 OWiG Abteilungen eingerichtet werden, die sich speziell mit Bußgeldsachen befassen, wobei für Steuerordnungswidrigkeiten eine besondere Zuständigkeit bestehen soll, vgl. § 410 Abs. 1 Nr. 2 AO i. V. m. § 391 Abs. 3 AO.