7.1 Das gerichtliche Verfahren
Rz. 17
Für den Fall der Unzulässigkeit des Einspruchs verwirft das Gericht den Rechtsbehelf gem. § 70 Abs. 1 OWiG durch Beschluss als unzulässig. Bedarf der Sachverhalt nach Ansicht der Gerichts einer weiteren Aufklärung, so kann es gem. § 69 Abs. 5 S. 1 OWiG die Akten mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft zur weiteren Ermittlung an die Finanzbehörde zurückgeben.
Rz. 18
Das gerichtliche Bußgeldverfahren richtet sich ab der Eröffnung der Hauptverhandlung gem. § 71 Abs. 1 OWiG prinzipiell nach der StPO, wobei allerdings die §§ 72–78 OWiG einige Abweichungen enthalten. Auch nach Eröffnung der Hauptverhandlung kann das Gericht gem. § 71 Abs. 2 S. 1 OWiG weitere Beweiserhebungen anordnen.
Rz. 19
Im Hinblick auf die von den allgemeinen Vorschriften der StPO abweichenden Regelungen ist insbesondere auf Folgendes hinzuweisen: Gem. § 74 OWiG besteht die Möglichkeit, das Verfahren bei Abwesenheit des Betroffenen durchzuführen. Ferner ist gem. § 77 Abs. 1 S. 2 OWiG im Hinblick auf den Umfang der Beweisaufnahme die Bedeutung der Sache zu berücksichtigen, sodass es unter diesem Gesichtspunkt zur Ablehnung von Beweisanträgen kommen kann. Zur vereinfachten Art der Beweisaufnahme vgl. § 77a OWiG. Aus § 410 Abs. 1 Nr. 11 i. V. m. § 407 AO ergibt sich, dass die Finanzbehörde im Gegensatz zur Regelung des § 76 Abs. 2 OWiG zwingend am gerichtlichen Verfahren (inkl. Rechtsmittelzug) zu beteiligen ist. Sie erhält in der Hauptverhandlung das Wort und ist zu hören, wenn das Gericht beabsichtigt, das Verfahren gem. § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen.
Rz. 20
Gem. §§ 81–83 OWiG besteht für das Gericht die Möglichkeit, das Bußgeldverfahren in ein Strafverfahren überzuleiten. Dies wird vor allem erfolgen, wenn das Gericht im Bußgeldverfahren zu der Feststellung kommt, dass nicht eine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat begangen wurde.
Der Betroffene hat auch noch im gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit, das Rechtsmittel zurücknehmen. Tut er dies, wird der Bußgeldbescheid bestandskräftig.
7.2 Die Entscheidung des Gerichts
Rz. 21
Das Gericht hat die Möglichkeit, das Verfahren unter Berücksichtigung von Opportunitätsgesichtspunkten einzustellen. Einer Zustimmung der Finanzbehörde oder der Staatsanwaltschaft bedarf es nicht.
Die gerichtliche Entscheidung ergeht i. d. R. in Urteilsform. Hält das Gericht jedoch eine Hauptverhandlung für entbehrlich und widersprechen weder der Betroffene noch die Staatsanwaltschaft, so kann es gem. § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG auch ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden. Die notwendigen Inhalte des Urteils ergeben sich aus § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. §§ 260, 267 StPO.
7.3 Das Rechtsmittel
Rz. 22
Gegen ein Urteil in Bußgeldsachen ist nach § 79 OWiG unter engen Voraussetzungen die Rechtsbeschwerde gegeben, die der Revision im Strafverfahren vergleichbar ist. Sie ist gem. § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nur zulässig, wenn eine Geldbuße von mehr als 250 EUR verhängt worden ist, der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist, und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als 600 EUR festgesetzt oder von der Staatsanwaltschaft beantragt war, § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG.
Die Rechtsbeschwerde ist weiterhin zulässig, wenn der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist, § 79 Abs. 1 Nr. 4 OWiG, oder nach § 72 OWiG durch Beschluss entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren rechtzeitig widersprochen hatte oder ihm in sonstiger Weise das rechtliche Gehör versagt wurde, § 79 Abs. 1 Nr. 5 OWiG. Darüber hinaus kann die Rechtsbeschwerde nach § 80 OWiG auch durch das zuständige Oberlandesgericht als Beschwerdegericht ausdrücklich zugelassen werden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist insbesondere angezeigt, wenn eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts geboten ist.
Die Frist zur Erhebung der Rechtsbeschwerde beträgt gem. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i. V. m. § 341 Abs. 1 StPO eine Woche nach der Urteilsverkündung. Sie ist schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Binnen eines weiteren Monats ist die Rechtsbeschwerde zu begründen, § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i. V. m. § 345 Abs. 1 S. 1 StPO. Das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht entscheidet gem. § 79 Abs. 5 OWiG i. d. R. durch Beschluss.