Rz. 82

Sobald die Behörde dazu in der Lage ist, also regelmäßig nach Zustellung des vollständigen Urteils[1], hat sie den Beteiligten unverzüglich das Ergebnis der Berechnung formlos mitzuteilen. Diese bloße Mitteilung ist kein Verwaltungsakt[2]. Diese Verpflichtung der Behörde ergibt sich aus dem Gesetz[3], nicht aus dem Urteil, sodass die Behörde die Neuberechnung und deren Mitteilung unverzüglich vorzunehmen hat, unabhängig davon, ob sie gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen will. Dadurch wird erreicht, dass den Beteiligten alsbald nach Zustellung des Urteils die betragsmäßige Auswirkung und damit der Umfang ihrer Beschwer für ein mögliches Revisionsverfahren deutlich werden. Dabei kann es bereits an einer Beschwer für ein Rechtsmittel fehlen, wenn durch die Neuberechnung ersichtlich ist, dass beispielsweise die Steuer auf 0 EUR festgesetzt wird[4]. Verzögert die Behörde die Mitteilung der Neuberechnung und wird dadurch beim Kläger zunächst eine Fehleinschätzung seiner Beschwer erzeugt, kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, wenn aus diesem Grund eine Rechtsmittelfrist versäumt wurde. Wenn auch das Gesetz die Behörde nur zur formlosen Mitteilung der Neuberechnung verpflichtet, sollte sie doch schriftlich erfolgen[5]. Das gebietet schon die allgemeine Fürsorgepflicht der Behörde gegenüber dem Stpfl., ist aber auch notwendig, um sichere Anhaltspunkte für die Beschwer in einem Revisions- und eventuell erforderlich werdenden Aussetzungsverfahren zu erhalten.

 

Rz. 83

Darüber hinaus ist die Behörde verpflichtet, nach Rechtskraft der Entscheidung den Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben[6]. Dazu ist der angefochtene und durch das Gericht geänderte Verwaltungsakt insgesamt, nunmehr mit einem anderen Betrag gem. § 155 i. V. m. §§ 118ff. AO, insbesondere § 122 AO, neu bekannt zu geben. Die förmliche Neuberechnung genügt nicht. Inhaltlich muss ein vollständiger, den Entscheidungsgründen des Urteils entsprechender Verwaltungsakt an alle Beteiligten des Gerichtsverfahrens neu bekannt gegeben werden. Allerdings kann aus den bisherigen Bescheiden vollstreckt werden, soweit sie im Einklang mit dem Urteil stehen, was sich auch aus der bloßen Neuberechnung ergeben kann[7]. Erlässt die Behörde entgegen § 100 Abs. 2 S. 3 Hs. 1 FGO sofort einen förmlichen Änderungsbescheid, handelt es sich bei dem Änderungsbescheid um einen Verwaltungsakt[8]. Allerdings kann die Behörde ihr Rechtsschutzbedürfnis verlieren, wenn sie einen förmlichen Steuerbescheid erlässt, obwohl sie Revision bzw. Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat[9].

Hat die Behörde einen Änderungsbescheid i. S. d. § 100 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 FGO erlassen, ist die Auffassung gut vertretbar, dass für die Änderung dieses Bescheids wiederum die Regelungen der Abgabenordnung, z. B. die zur Festsetzungsfrist, anzuwenden sind, auch wenn später Streit über die richtige Umsetzung des Urteils besteht[10]. Denn auch der Änderungsbescheid ist ein Verwaltungsakt, der unter Berücksichtigung der Rechtskraft angefochten werden kann. Im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen den Änderungsbescheid ist dann zum einen zu prüfen, ob das FA die in jenem Urteil enthaltenen Vorgaben rechnerisch zutreffend umgesetzt hat. Zum anderen kann sich die Prüfung auch auf die Frage erstrecken, ob seit Ergehen des Urteils Umstände eingetreten sind, die nach den insoweit einschlägigen Vorschriften eine Änderung des Verwaltungsakts gebieten. Ist Letzteres der Fall, so ist die gebotene Änderung im Rahmen des Einspruchs- oder Klageverfahrens zu berücksichtigen, soweit dem nicht wiederum besondere Gründe entgegenstehen[11]. Eine beliebig häufige Änderungsmöglichkeit des ersten Bescheids i. S. d. § 100 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 FGO ohne Berücksichtigung der einschlägigen Änderungsvoraussetzungen nach der AO ist daher abzulehnen.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge